Pioniere/innen
A - Z

Mostar, Herrmann

* 1901 Gerbitz; † 1973 München

Herrmann Mostar, mit bürgerlichem Namen Gerhart Herrmann, entstammte einer Lehrerfamilie aus Görlitz. Seine „aufsässige“ Gymnasialzeit verbrachte er in Bernburg und Hamburg. Nach seiner Ausbildung zum Volksschullehrer in Quedlinburg, die auch nicht ohne Ärger verlief, studierte er parallel zu seiner Lehrertätigkeit Philosophie und vergleichende Sprachwissenschaft in Halle.

Ab 1921 arbeitete er als Volontär und Journalist in Bochum, Berlin und München. Erneute Probleme mit seinen Arbeitgebern führten zu einer Vagabundenzeit auf dem Balkan Ende der 20er/Anfang der 30er Jahre, wo er sich das Pseudonym Mostar zulegte. Unter diesem Namen war er als Autor von Romanen erfolgreich. Sein Karl-Marx-Roman „Der schwarze Ritter“ wurde von der SPD-Parteizeitung Vorwärts, deren Mitarbeiter Mostar zeitweise war, illegal gedruckt und an Abonnenten versandt.

Flucht vor den Nazis
Nach der Machtergreifung Hitlers flüchtete Mostar aus Deutschland nach Österreich, 1938 musste er weiter nach Belgrad flüchten. Während der Zeit der Emigration verdiente er seinen Lebensunterhalt als Hauslehrer, Regisseur, Übersetzer und Journalist. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er zunächst als Autor von zeitkritischen satirischen Stücken erfolgreich. Er arbeitete auch für den Hörfunk, schrieb unter anderem Hörspiele. Ab 1948 lebte Mostar in Stuttgart. Dort wurde er unter anderem durch sozialkritische Gerichtsreportagen im Rundfunk einem noch breiteren Publikum bekannt. Mostars generelle kritische Haltung den Gerichten gegenüber beschwor Skandale herauf, aufgrund derer sich der Landtag von Württemberg-Hohenzollern im Juli 1949 mit dem Verhältnis von Presse und Gericht beschäftigte.

Bekannt für satirische zeitkritische Stücke
Mehr und mehr wendete sich Mostar den kleineren literarischen Formen zu, unter anderem der Anekdote. Auch als humoristisch-satirischer Essayist machte er auf sich aufmerksam: Die als „historische Plaudereien“ bezeichneten „Weltgeschichte – höchst privat“ (1954) und „Liebe Klatsch- und Weltgeschichte“ (1966) sowie die Haustierliebhaber-Satire „Die Arche Mostar“ (1969) hatten großen Erfolg.

Was veranlasst die DWA, ihn zu den Pionieren der deutschen Weinkultur zu zählen?
Diese Frage bedarf eigentlich einer Umformulierung, denn die Jury der Gesellschaft zur Förderung des Deutschen Weines hatte ihm im Jahr 1965 den Deutsche Weinkulturpreis zuerkannt. In der Laudatio wurde zu Recht auf sein Buch „Das Wein- und Venusbuch vom Rhein“ verwiesen. Ein auch heute noch sehr zu empfehlendes Büchlein, das historisch-basiert, humorig und geistreich die Geschichte der rheinischen Weinlandschaften erzählt. Dabei wird die Historie auch einmal auf den Kopf gestellt: Die römischen Eroberer des Rheinlandes haben nicht ihre Weine über die Alpen nach Köln verbracht, sondern „Agrippina aber brachte zum ersten Male den weißen, spritzigen sauberen, ausgegorenen, ungewürzten und just darum würzigen Naturwein vom Rhein nach Rom – in ihrem Leibe sowohl, darin er von der Muttermilch her kreiste, wie in ihren schönen Händen, darin sie ihn dem Kaiser Claudius persönlich kredenzte, als Trost“.

Humor und Lachen zählt ebenso wie der Wein zu den ältesten Mitteln der Lebenslust, sofern sie in Maßen genossen werden. Mostar war ein literarischer Vermittler dieser lebensverlängernden Tugenden und deshalb kann auch die DWA den Weinkulturpreisträger Mostar zu den Pionieren der Weinkultur zählen.

Zu bedenken ist allerdings, dass nicht nur der Weingeschmack und Humor dem Wandel der Zeit unterliegen, sondern auch die Wertschätzung lyrischer Texte. Die Lebens- und Lachkultur in den 50er und 60er Jahren hatte noch ein anderes Frauenbild und eine unreflektierte Akzeptanz des Rausches.

„Die Kultur – die schuf der Wein!“

Wenn die Leserin und der Leser sich dessen bewusst sind, werden sie auch heute noch bei der Lektüre der Wein- und Venusgeschichten oder den Gedichten vom großen Durst sehr viel Vergnügen haben:

„Hetären stellten den Wein auf ein Brett

Direkt über´s Dampfbad, das heiße,

Und hatte der Wein erst ihr Körperbukett,

Erzielte er haushohe Preise.

Das Brett war „Apotheke“ benannt,

Drum sind bis zum heutigen Tage

Die Apothekerpreise bekannt,

Und die sind bestimmt keine Sage!“

(Zweite Strophe des Gedichtes „Positive Beziehungen spätrömischer Damen zum Wein“)

 

Mostar beschäftigte sich nicht nur mit den unterschiedlichen Verhaltensmustern, den Durst zu stillen, sondern lieferte auch seine Erklärung über die Entstehungsgeschichte von Wein und Kultur: 

„Beim Wein ließ er [Anm.: Dionysos] die Denker sinnen

Von Sokrates bis Epikur,

Beim Wein des Mimen Spiel beginnen,

Und Thepsis´ erster Karren fuhr.

So ward Musik, so ward Theater,

Drum leuchtet´s jedem Weisen ein:

Den Wein erschuf der Göttervater,

Doch die Kultur – die schuf der Wein!“

(Zweite Strophe aus dem Gedicht „Wie der Griechenwein an die Barbaren verkauft werden musste“ Beide Zitate stammen aus „Das Kleine Buch vom großen Durst“).

Auswahl an Veröffentlichungen von Herrmann Mostar:
  • Richter sind auch Menschen, Heidenheimer Verlagsanstalt, 1955
  • Das Wein- und Venusbuch vom Rhein, Alfred Scherz Verlag, Stuttgart und Bern, 1960
  • Das kleine Buch vom großen Durst, Alfred Scherz Verlag, Stuttgart und Bern, 1963
 
Quellen:
  • Koszyk, Kurt, "Mostar, Gerhart Herrmann" in: Neue Deutsche Biographie 18, S. 220-221, 1997
  • Becker, Werner: Paul Henckels und Gerhart Hermann Mostar erhielten Weinkulturpreis, Der Deutsche Weinbau 12, S. 414, 1965

Diese Webseite verwendet Cookies.

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren. Diese Cookies helfen uns dabei, Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten und unsere Webseite ständig zu verbessern. Mit dem Klick auf den Button “Akzeptieren” erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden. Für weitere Informationen über die Nutzung von Cookies oder für die Änderung Ihrer Einstellungen klicken Sie bitte auf “Details”.

Außerdem geben wir mit Ihrer Zustimmung Informationen an unsere Partner für Soziale Netzwerke, externe Medien, Werbung und Analysen weiter. Unsere Partner führen diese Informationen möglicherweise mit weiteren Daten zusammen, die Sie ihnen bereitgestellt haben oder die sie im Rahmen Ihrer Nutzung der Dienste gesammelt haben.

Sie geben Ihre Einwilligung, wenn Sie unsere Webseite weiterhin nutzen.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte unserem Datenschutz.

Impressum