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Bundestag

Vision Zero – Antrag wurde mit den Stimmen der Koalitionsparteien angenommen

(Stand Mai 2021)
Am Freitag, dem 21. Mai, wurde in der 231. Sitzung des Deutschen Bundestages der Antrag der Fraktion der CDU/CSU und der SPD „Vision Zero - unser Leitbild für die Verkehrssicherheit“ erörtert. Zuerst erläuterten Redner der Regierungskoalition den Antrag. Von den 27 Punkten des Antrags betrafen drei auch indirekt die Konsumenten von Wein und anderen alkoholischen Getränken (siehe letzte Meldung). Sie spielten in der Debatte keine zentrale Rolle. Immerhin gingen vier Redner auf das Thema Alkohol und Verkehrssicherheit ein:

Der CDU-Abgeordnete Rainer blickte dabei auch in die Zukunft: „Mit Fahrzeugen, die miteinander vernetzt sind, wird es kein zu schnelles Fahren mehr geben. Wichtig sind auch kein Alkohol am Steuer – darauf sollte man auch beim autonomen Fahren verzichten – und keine Ablenkung vor allem durch Smartphones oder Handys.“

Wolfgang Kubicki, der zeitweise als Vizepräsident des Deutschen Bundestags die Debatte leitete, griff auch als FDP-Abgeordneter in die Diskussion ein: „Neben den Themen „section control“ und „Tempo 30“ hat jetzt auch noch der Alkohol-Interlock den Weg in den Antrag gefunden. Also: viel Überwachung, Bevormundung, Bürokratisierung. Wir sind gespannt, was der Verkehrsminister davon umgesetzt.“

Für die Fraktion DIE LINKE äußerte sich Thomas Lutze zu dem Antrag: „Wir brauchen dringend eine 0,0-Promillegrenze, was den Alkohol in Straßenverkehr angeht. Das passt übrigens auch zu dem Titel „Vision Zero“. Beim Thema Verkehrssicherheit ist also noch viel Luft nach oben. Ich hoffe sehr, dass ab Oktober neue Mehrheiten im Bundestag die Kraft und den Mut haben, wirksame Maßnahmen zu ergreifen.“

Die Haltung der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN wurde von Daniela Wagner vorgetragen. Gerichtet an die Regierung sagte sie: „Sie sprechen davon, mehr für Verkehrssicherheit tun. Die einzig konkrete Maßnahme ist eine Verschärfung der Sanktionen für Alkohol im Radverkehr. Also, meine Damen und Herren: keine Frage, wir sind für eine Senkung der Promillegrenze im Straßenverkehr. Aber es ist schon bemerkenswert, dass die einzige konkrete Sanktion, die gefordert wird, allein die Radfahrenden betrifft.“  

Nach weiterer Aussprache wurde der Antrag zur Abstimmung gestellt. Er wurde mit den Stimmen der CDU/CSU und der SPD angenommen, dagegen stimmten die AFD, FDP, Bündnis 90/DIE GRÜNEN, bei Enthaltung durch DIE LINKE.

Anm.: Dem vorangegangen war der untenstehende Artikel "Visionen zur Verkehrssicherheit".

Visionen zur Verkehrssicherheit

(Stand Mai 2021)
Die Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und SPD haben am 18. Mai 2021 einen Antrag „Vision Zero - Unser Leitbild für die Verkehrssicherheit“ in den Deutschen Bundestag eingebracht (Drucksache 19/29766). In der Begründung des Antrages wird darauf hingewiesen, dass die Sicherheit im Straßenverkehr in Deutschland durch das gemeinsame Engagement der Akteure über Jahrzehnte stetig verbessert werden konnte. Gegenüber 1991 sank die Zahl der im Straßenverkehr Getöteten um über 70 %. Und auch mit Blick auf die vergangene Dekade sei ein signifikanter Rückgang um 24 % zu verzeichnen. Allerdings stellen die Fraktionen fest, dass sich der positive Trend verlangsamt habe. Mehr als 3.000 Getötete und über 75.000 Schwerverletzte pro Jahr seien kein verhandelbarer Preis für unsere Mobilität.

Deshalb haben die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD das ambitionierte Ziel formuliert, mittelfristig die Zahl der Getöteten und Schwerverletzten auf null zu senken. Es gelte, das Zeitfenster zu nutzen, um infrastrukturelle Investitionen und technologische Entwicklungen effektiv einzubinden, um die Mobilitätswende zu einem Erfolg zu machen.

Die Koalitionsfraktionen haben 27 Forderungen formuliert, um die Vision Zero zu verwirklichen. Dazu gehören unter anderen auch drei Forderungen (Nr. 24-26) die in einem mittelbaren Zusammenhang mit dem Konsum von Wein und anderen alkoholischen Getränken stehen können. Die Forderungen lauten:

  • einen mit einer Geldbuße zu ahnden Ordnungswidrigkeitstatbestand für Radfahrende bei 1,1 Promille im Straßenverkehr einzuführen
  • die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung bereits ab einem Wert von 1,1 Promille vorzuschreiben
  • Modellversuche zur Nutzung von Alkohol-Interlocks zu ermöglichen und sowohl den freiwilligen Einbau durch Anreize zu fordern als auch Alkohol-Interlock-Programme für alkoholauffällige Kraftfahrende als Alternative zum Fahrverbot nach § 44 StGB aufzulegen.
     

Anm.: Unter einem Alkohol-Interlock versteht man eine Alkohol-Zündschlosssperre oder auch Alkohol-Wegfahrsperre. Es handelt sich um eine technische Verbindung eines Gerätes zur Atemalkoholbestimmung mit einer Wegfahrsperre. Zweck dieser Geräte ist es, mittels einer Zündsperre, Autofahrten unter Alkoholeinfluss zu verhindern.

Gleichstellung von cannabis- und alkoholkonsumierenden Führerscheininhaberinnen und Führerscheininhabern?

(Stand Anfang Mai 2021)
Die Bundestagsfraktion DIE LINKE hatte im Herbst 2020 im Bundestag einen Antrag eingebracht, mit dem sichergestellt werden sollte, dass die Fahrerlaubnis nicht allein aufgrund des festgestellten Konsums oder Besitzes illegaler Drogen entzogen werden könne. Ferner solle die Erforschung und Entwicklung von Messverfahren gefördert werden, welche nur eine akute, verkehrsrelevante Beeinträchtigung durch Cannabiskonsum tatsächlich nachweisen könnten. Im Straßenverkehrsgesetz solle ein zum Toleranzgrenzwert für die Blutalkoholkonzentration vergleichbarer THC-Toleranzgrenzwert eingeführt werden. Im Strafgesetzbuch solle eine Normierung des THC-Grenzwertes vorgenommen werden, unterhalb dessen eine relative Fahruntüchtigkeit ausgeschlossen werden solle.

Der Deutsche Bundestag hatte den Antrag (Drucksache 19/17612, siehe auch Bericht aus dem Oktober 2020 & November 2020) in seiner 186. Sitzung am 29. Oktober 2020 beraten und an den Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur zur federführenden Beratung sowie an den Ausschuss für Inneres und Heimat, den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz und an den Ausschuss für Gesundheit zur Mitberatung überwiesen. Der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur hatte am 16. Dezember 2020 die Durchführung einer öffentlichen Anhörung beschlossen, die am 24. Februar 2021 stattfand. Die Beschlussempfehlung und Bericht der Ausschüsse wurden als Bundestagsdrucksache 19/29205 am 3. Mai 2021 veröffentlicht.

Der Antrag wurde im federführenden Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, AfD und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Die Fraktion der SPD stellte fest, die Anhörung habe hinreichend gezeigt, dass eine einfache Gleichbehandlung von Cannabis und Alkohol im Straßenverkehr nicht möglich sei. Im Gegensatz zu Alkohol-Konsumierenden wisse der Cannabis-Konsumierende in der Regel nichts über den THC-Gehalt des Produktes, das er konsumiere. Die aufgenommene Menge variiere darüber hinaus abhängig von Konsumart und Konsumerfahrung. Die Verteilung im Körper und auch der Abbau ergäben ein kompliziertes Bild, das sich von dem bei Alkohol unterscheide. Bei Cannabis existiere keine einfache Konzentrations- und Wirkungsbeziehung. Entsprechende Stellen hätten ein überwiegend problematisches Konsummuster bei denjenigen festgestellt, die im Zusammenhang mit Cannabis eine MPU absolvierten. Daher müsse man sich die Gefahren vor Augen führen, die potentiell von beeinträchtigten Fahrer*innen für das Leben anderer Verkehrsteilnehmer ausgingen.

Die Stellungnahme der Fraktion der CDU/CSU war nicht so eindeutig in der Ablehnung. Sie erklärte, es gebe eine Grenzwertkommission beim Bundesverkehrsministerium, welche auch in dem Antrag thematisierte Fragen prüfe und eine Novellierung sei auf dieser Grundlage denkbar. Wenn die Grenzwertkommission eine Empfehlung gegeben habe, könne es sein, dass man zu einer neuen Bewertung der Sachlage komme.

Äpfel mit Birnen verglichen
Die Fraktion der FDP merkte an, dass sich der Antrag auch daran messen lassen müsse, ob er dazu beitrage, die Verkehrssicherheit zu erhöhen oder zu verringern. Nach der Anhörung sei klar, dass die Verkehrssicherheit damit eher gefährdet werde und dass eine einfache Vergleichbarkeit zwischen Alkohol und Cannabis so nicht gegeben sei. Hier würden „Äpfel mit Birnen“ verglichen, was unter Umständen zu falschen Schlussfolgerungen verleite. Der Antrag sei zudem handwerklich problematisch, denn in der Überschrift werde suggeriert, dass es allein um cannabiskonsumierende Führerscheininhaber gehe. Im Text sei dann aber die Rede von allen Drogen. Das heiße, man rede dann auch über Kokain, Heroin und andere Drogen. Es könne nicht im Sinne aller sein, dass man Drogensüchtige ans Steuer lasse.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, dass es ihr in allererster Linie um die Verkehrssicherheit gehe und weniger um die Frage, aus welchen Gründen jemand in seiner Fahrtüchtigkeit eingeschränkt sei. Deswegen sei man dafür, einen Grenzwert für Cannabis – ähnlich der Promillegrenze bei Alkohol – einzuführen und wolle das Cannabiskontrollgesetz regelmäßig evaluiert wissen, um Erkenntnisse in Hinblick auf die Verkehrssicherheit daraus zu ziehen. Man sei nicht der Auffassung, dass der Besitz oder auch der Konsum von Cannabis regelmäßig zu einer stärkeren Sanktionierung führen dürfe, als das im Straßenverkehr in Hinblick auf Alkohol der Fall sei.

Die Fraktion DIE LINKE äußerte, zurzeit sei es bei Cannabis-Konsum so, dass man selbst dann, wenn man 24 Stunden gewartet habe und sich erst dann wieder ans Steuer setze, den Führerschein verlieren könne, weil der Grenzwert unter anderem auch durch Abbauprodukte überschritten werden könne. Zudem könnten nach derzeitiger Rechtslage Menschen, die Cannabis konsumierten bzw. im Besitz von Cannabis seien, ihren Führerschein auch unabhängig von der Teilnahme am Straßenverkehr verlieren. Da stelle sich dann schon die Frage, ob das noch dem Schutz des Straßenverkehrs diene.

Auch die mitberatenden Ausschüsse, also der Ausschuss für Inneres und Heimat, der Ausschuss Recht und Verbraucherschutz sowie der Ausschuss für Gesundheit empfahlen mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, AfD und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Antrag abzulehnen.

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