Kolumne
NACHGEFORSCHT

Wissenschaftlicher Überblick

Kolumne Nachgeforscht August 2019

Rotwein schmeckt, hilft er auch gegen Blues? Ein Artikel zum Thema Wein und dessen Einfluss auf die Hormone.

Ob Winter-Blues oder Baby-Blues - depressive Verstimmungen im Winter bzw. im Wochenbett -, meist sind Hormone bzw. deren rapide Konzentrationsunterschiede in unserem Blut schuld, wenn man plötzlich nahe am Wasser baut, gereizt und überaus sensibel ist. Biologisch relativ einfach als eine Art Stress zu erklären. Es werden weniger Gute-Laune-Hormone wie Serotonin ausgeschüttet und gleichzeitig attackieren mehr Stresshormone den Organismus. Ein Ungleichgewicht, das so manche/n aus der Bahn wirft. Dies gibt sich normalerweise wieder. Nichtsdestotrotz kann langanhaltender Stress zu manifesten Depressionen führen. Im Blut von Betroffenen sind dabei immer erhöhte Stresshormone, wie Kortikosteron, zu messen.

Die Zusammenhänge sind eigentlich komplizierter – eine Hormonkaskade vom Hypothalamus (Teil des Zwischenhirns) über die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) zur Nebennierenrinde – aber letztlich mündet Stress in einer Hochflut an Kortikosteron und anderer Steroidhormone.

Mit diesen stressbedingten Depressionen beschäftigt sich eine amerikanisch-chinesische Studie, die kürzlich in dem Medizinjournal Neuropharmacology publiziert wurde. Danach scheint Resveratrol geeignet zu sein, Depressionen und Ängste zu bekämpfen. Zumindest in Mäusen. Die Forscher pumpten die armen Nager voll mit dem Hormon Kortikosteron, das durch die Aktivierung eines Enzyms namens Phosphodiesterase 4 (PDE4) Stressantworten gibt. Ein Zuviel an PDE4 führt erwiesenermaßen zu Depression und Angstzuständen – bei Mäusen und bei Menschen.  Hohe Dosen an Resveratrol blockierten dieses PDE4-Enzym und wirkten positiv auf die hyperängstlichen Mäuse, was deren Blutwerte und Verhalten eindeutig belegte.

Resveratrol statt Antidepressiva?
Die Autoren lehnten sich weit aus dem Fenster, indem sie Resveratrol als mögliche Alternative zu Antidepressiva nannten. Zumindest könne diese Forschung neue Türen in der Behandlung von psychischen Krankheiten öffnen. Ein aus der Natur gewonnener Stoff wie Resveratrol könnte verträglicher sein und weniger Nebenwirkungen verursachen als bisherige Medikamente.

Resveratrol spielt für das Abwehrsystem der Pflanzen eine zentrale Rolle. Obwohl ursprünglich nicht zum Nutzen der Menschen gedacht, profitiert auch er von diesem Phytoalexin. Denn es wird zunehmend als Schutzstoff vor z.B. Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen erkannt und in der Beauty-Industrie schon lange als Anti-Aging-Wirkstoff verwendet. Resveratrol findet man vor allem in Weintrauben und besonders viel im japanischen Staudenknöterich. Da man Knöterich zwar essen kann, ist dennoch von hohem Verzehr wegen der stark oxalsäurehaltigen Pflanzenteile abzuraten. Da dient der Wein schon eher als schmackhafte Resveratrol-Quelle.

Großer Wermutstropfen: Das Glas Wein scheint dafür nicht zu genügen. Denn die Mäuse erhielten 10 mg Resveratrol pro kg Körpergewicht. Das entspräche für den Menschen täglich zwischen 60 und 70 Liter eines resveratrolreichen Weines. Demnach sind jegliche Spätburgunder-Kuren weit weg von Ersatztherapie mit Antidepressiva. Die Forscher endeten politisch korrekt: Wein habe eben auch Alkohol und den viel mehr als Resveratrol. Mehr als ein zwei Gläser seien ohnehin nicht empfehlenswert. Für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sieht das schon anders aus; Hier sind moderate Dosen von ein bis zwei Gläsern pro Tag durchaus wirksam, v.a. um das gute HDL zu erhöhen. Na, das ist doch auch schon was.

Ob jetzt das Resveratrol, der Alkohol, die Komposition oder einfach nette Gesellschaft Ausschlag dafür ist, dass man sich mit einem guten Glas Wein fern vom Blues fühlt, spielt eigentlich keine Rolle.

Erstellt am
Trinkmuster Alkoholmetabolismus

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