Kolumne
NACHGEFORSCHT

Wissenschaftlicher Überblick

Kolumne Nachgeforscht September 2019

Der Darm ist, was du isst und trinkst - Ein Artikel über einen unterschätzten Abwehrspieler unseres Organismus.

Dass der Darm viel mehr ist als ein unsympathisches Abfallsystem, weiß man nicht erst seit dem charmanten Buch von Guilia Enders. Er spaltet Nahrungsstoffe auf und macht sie für unseren Körper verfügbar, produziert Hormone und Vitamine und ist DER oft unterschätzte Abwehrspieler unseres Organismus. Letzteres liegt in erster Linie an der mikrobiellen Besiedlung von 100 Billionen Kleinstorganismen im Dickdarm, dem so genannten Mikrobiom. Dies verantwortet eine gute Verdauung und ein noch besseres Immunsystem. Man weiß mittlerweile, dass der Mensch umso gesünder ist, desto vielfältiger seine Darmflora ist. Diese harmonische Bakterien-WG besteht aus nützlichen Mikroorganismen, wie Lactobazillen und Bifidobakterien sowie weniger nützlichen, wie z.B. Clostidienarten. Ist die Balance der Mikroorganismen gestört, kann es zu Diabetes, Herzinfarkt, Allergien und vielen anderen so genannten Zivilisationskrankheiten kommen.  

Die mikrobielle Diversität ist bei jedem Menschen unterschiedlich, wird sie doch von unseren Genen und Umwelt aber auch durch die Ernährung beeinflusst. Diesem hochkomplexen System scheint auch Wein zu schmecken, wie eine aktuelle Studie aus England zeigt. Eine Forschergruppe untersuchte die Wirkung von Rotwein, Weißwein, Apfelwein, Bier und Spirituosen auf das Darmmikrobiom. Dazu hat sie Daten von knapp ein Tausend weiblichen Zwillingen aus Großbritannien, den USA und den Niederlanden ausgewertet. Zwillingsstudien sind besonders beliebt, weil sowohl genetische als auch sozioökonomische Gesichtspunkte gleich oder zumindest verwandt sind. Damit hatte jeder Zwilling mit seinem Co-Zwilling eine ähnlich strukturierte Kontrolle, weshalb der Streubereich der Ergebnisse deutlich kleiner ist.  

In allen drei Kohorten - egal ob in Übersee oder in Europa -  war die bakterielle Besiedlung bei den Rotweingenießern deutlich vielfältiger. Der Effekt war ebenso - wenn auch viel geringer - bei denen zu beobachten, die Weißwein präferierten. Zudem waren die Rotweinkonsumentinnen seltener fettleibig und zeigten geringere Blutinsulinwerte. Die darüber hinaus reduzierten Gesamt-Cholesterinwerte und eine signifikante Erhöhung des „guten“ HDL-Cholesterins stehen für ein reduziertes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, von Herzinfarkt bis Schlaganfall. Alle anderen Getränke zeigten diesen positiven Effekt nicht. 

Die Forscher ordneten die Ergebnisse den im Rotwein besonders hohen Polyphenolgehalten zu, vor allem den Anthocyanen, dem Resveratrol und der Gallussäure. Da die Polyphenole aber auch in Obst, Gemüse, Kaffee und Tee vorkommen, MUSS man keinen Wein trinken, aber man KANN. In Kombination mit den oben genannten Polyphenolspendern sind wir dann wieder bei der mediterranen Ernährung, die derzeit als die gesündeste und ausgewogenste gilt. 

Die Forscher endeten damit, dass der Effekt auf das Mikrobiom nicht unbedingt von der Dosis abhänge, es funktioniere auch bereits bei einem Glas Rotwein alle zwei Wochen. Allerdings hinterfragten sie selbst die Aussagekraft hinsichtlich der Dosis, weil sie auf Eigenauskünften der Damen beruhten. Man geht davon aus, dass diese mehr tranken als angegeben, zumal bei diesem insbesondere in den USA heiklen Thema gerne untertrieben wird. Bei uns ist man mittlerweile ja auch schon suspekt, wenn man sich offen zum täglichen Glas Wein bekennt, wie die Autorin des Nachgeforscht zunehmend erfährt.

Erstellt am
Phenolische Substanzen Allgemeine Gesundheitsaspekte

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