Kolumne
NACHGEFORSCHT

Wissenschaftlicher Überblick

Kolumne Nachgeforscht März 2020

Lange gesund leben - Ein Artikel über die Lebenserwartung der Menschen mit unterschiedlichen Lebensgewohnheiten.

Lange leben und dabei gesund bleiben. Dieser von allen erwünschten Kombination erfreute sich meine Tante, als sie vor wenigen Tagen mit nahezu 98 Jahren verstarb. Sie war nie krank, interessierte sich bis zum Schluss für die Welt, war zeitlebens schlank, rauchte nie und trank täglich(!) ein Glas Sekt.

Dieser Einzelfall bestätigt die Auswertung zweier großer Studien mit 111.000 Personen aus Gesundheitsberufen, dass wir es in weiten Teilen selbst in der Hand haben, ob wir im Alter mehr gesund als krank sind. Zumindest für die großen Geißeln unserer Zeit wie Krebs, Herzinfarkt, Schlaganfall und Typ-2-Diabetes trifft dies zu. Die Untersuchungen zeigten, dass nicht nur die Lebenserwartung steigt, wenn die Probanden einen gesunden Lebensstil mit Bewegung, Rauchverzicht und gesunder Ernährung pflegen, sondern auch die Anzahl der gesunden Lebensjahre. Der verwendete Index zur Ermittlung gesunder Ernährung umfasste auch den moderaten Konsum alkoholischer Getränke. Er wurde für Frauen mit bis 15 Gramm Alkohol täglich festgelegt, für Männer bis 30 Gramm. Das entspricht etwa einem bis zwei Gläser Wein. Wer deutlich übergewichtig war oder stark rauchte, hatte die düstersten Aussichten: Diese Menschen verstarben früher und waren vermehrt chronisch krank. Ein moderater Konsum alkoholischer Getränke dagegen ließ nicht nur die Lebenserwartung steigen, sondern bescherte auch Aussicht auf lange Gesundheit. Frauen hatten drei zusätzliche Lebensjahre ohne die genannten Krankheiten zu erwarten, Männer immerhin ein knappes Jahr. Ab einem Konsum von mehr als 30 Gramm Alkohol täglich sanken die Prognosen allerdings wieder.  

Wie passt das zusammen mit einer Studie, die fast zeitgleich unter dem Titel „Ein Gramm Alkohol lässt das Gehirn um eine Woche altern“ publiziert wurde? Heißt das, wir werden zwar gesund älter, haben aber ein seniles, schlecht funktionierendes Gehirn?

Das hat mich doch sehr interessiert.

Wissenschaftlich anspruchsvoll haben Forscher aus Kalifornien anhand gespeicherter Hirnbilddaten von 17.000 Menschen das Alter des Gehirns geschätzt und dieses unter Berücksichtigung der Lebensgewohnheiten mit dem tatsächlichen Alter verglichen. Sie kamen zu dem Schluss, dass ein Gehirn älter ist als das tatsächliche Alter der Person je mehr ein Mensch trinkt oder raucht. Und da das Hirnalter in direktem Zusammenhang mit der Hirngesundheit steht, also z.B. der Fähigkeit zu denken und sich Sachverhalte zu merken, ist dies gerade in Bezug auf Alzheimer und Co relevant. Mit jedem Gramm Alkohol altere das Gehirn angeblich um sieben Tage. Ich habe das mal auf mich und meine Trinkgewohnheiten umgerechnet: 30 Jahre trinke ich an fünf Tagen die Woche ein Glas Wein und damit wöchentlich etwa 100 Gramm Alkohol, wären bei 52 Wochen 5200 Gramm. Das multipliziert mit 30 sind 156.000 Gramm. Das heißt, mein Gehirn müsste 1.092.000 Tage älter sein als ich. Also statt 60 ganze 2991Jahre!! Oder hab´ ich mich verrechnet? Damit ist mal wieder bestätigt, dass man sich Studien - vor allem mit reißerischen Überschriften - genauer anschauen muss. Denn auch hier endete der Artikel (ganz unten) versöhnlich mit: ABER einige „Super-Ager“ – Menschen, die älter als 100 Jahre werden -, schienen gegen Demenz immun zu sein, obwohl (oder weil?) sie moderat Alkoholika tranken. Das beruhigt und passt gut zur allgemeinen Datenlage.

Fast immer kommen die Forscher zu dem gleichen Ergebnis: Zu viel Alkohol schadet, ein wenig scheint gut zu sein. Leider wird in dieser von alternativen Fakten geprägten Zeit immer nur der Anfang der Conclusio kommuniziert. Ich denke an meine 98-jährige Tante und schenke mir nochmal ein.

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Erkrankungen des Gehirns Allgemeine Gesundheitsaspekte

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