Gesellschafts-
politische ASPEKTE

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Bundestag

Alkoholpolitisches aus dem Deutschen Bundestag

(Stand September 2024)

Der Abgeordnete Albert Stegemann (CDU/CSU) hatte die Bundesregierung schriftlich gefragt: „Plant die Bundesregierung die Einführung eines verpflichtenden Warnhinweises auf alkoholischen Getränken hinsichtlich der Folgen des Konsums während der Schwangerschaft, und wie viele neu geborene Kinder sind nach Kenntnis der Bundesregierung vom FASD (Fetal Alcohol Spectrum Disorder) betroffen (bitte einerseits im Einzelnen für die Jahre 2020 bis 2024 auflisten sowie andererseits – wenn möglich – für den Gesamtzeitraum nach Bundesländern aufschlüsseln)?“

Verpflichtende Warnhinweise - Kommt das Schwangeren-Logo?

Die schriftliche Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Dr. Ophelia Nick stammt vom 5. September 2024: „Die allgemeinen Vorgaben zur Lebensmittelkennzeichnung sind in der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (Lebensmittel-Informationsverordnung, LMIV) EU-weit einheitlich geregelt. Warnhinweise für alkoholhaltige Getränke sind in den europäischen Bestimmungen nicht vorgesehen. Im Februar 2021 hat die EU-Kommission erstmals ihre Maßnahmen für einen Europäischen Plan zur Krebsbekämpfung vorgestellt. Darin kündigt sie unter anderem an, einen Vorschlag für die verpflichtende Angabe von gesundheitsbezogenen Warnhinweisen oder Piktogrammen auf Etiketten alkoholischer Getränke vorzulegen. Grundsätzlich begrüßt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft einen EU-weit harmonisierten Ansatz der Kennzeichnung zur Prävention von missbräuchlichem Alkoholkonsum in der Schwangerschaft.

Auf aufsuchenden Prävalenz-Studien beruhende Statistiken zum Fetalen Alkoholsyndroms (FAS) oder zu Fetalen Alkoholspektrumstörungen (FASD) in Deutschland für die Jahre 2020 bis 2024 sowie eine Aufschlüsselung nach Bundesländern liegen aktuell nicht vor.“

Quelle: Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 2. September 2024 eingegangenen Antworten der Bundesregierung Drucksache 20/12734 vom 06.09.2024.

Bundeshaushaltsdebatte: Werberestriktionen für Alkoholindustrie und kein „begleitendes Trinken ab 14“?

Am 12.  September wurde in der Haushaltsdebatte des Bundestages auch der Haushalt des Gesundheitsministeriums (Einzelhaushalt 15) beraten. Nachdem Bundesgesundheitsminister Lauterbach den Haushalt vorgestellt hatte, kam es zu einer lebhaften Aussprache, in der auch in einem Beitrag die Alkoholpolitik thematisiert wurde. Linda Heitmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) forderte unter anderem: „Alkohol ist die Volksdroge Nummer eins. […] lassen Sie uns bitte endlich darüber reden, wie wir in diesem Land Prävention und Hilfen auf den Weg bringen können, um die Konsumrisiken von Alkohol wirksam zu bekämpfen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Ich kann Ihnen nur sagen: Es gibt Maßnahmen gerade im Bereich der Verhältnisprävention, die man sofort angehen könnte, und die kosten nicht mal Geld, beispielsweise die Werberegulierung bei Alkohol. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Dafür gibt es auch eine große Zustimmung in der Bevölkerung. Es wäre eine einfache, für uns kostenlose Maßnahme: kein begleitetes Trinken mehr ab 14 Jahre, (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) keine Fläschchen „Kleiner Feigling“ mehr an jeder Supermarktkasse, bei der Quengelware. (Alexander Föhr [CDU/CSU]: Sie sind nicht Opposition! Das ist wirklich unfassbar! – Martin Sichert [AfD]: Verbotspartei! Furchtbar!) All das sind Maßnahmen der Verhältnisprävention, die es für null gibt. Wir wollen sie endlich angehen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Begleitetes Regieren! – Jörn König [AfD]: Ha! Verbote gibt es für null!)“

Quelle: Protokoll der 185. Sitzung des 20. Deutschen Bundestages vom 12. September 2024

RN/25.09.2024

Petitionen an den Bundestag um Thema Alkoholkonsum während der Schwangerschaft 

(Stand Juli 2024)

Petitionen an den Bundestag zum Thema Alkoholkonsum
Nach Artikel 17 des Grundgesetzes (GG) hat jedermann das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die Volksvertretung zu wenden. Jeder, der von diesem Grundrecht Gebrauch macht, erhält die Gewähr dafür, dass seine Petition entgegengenommen, geprüft und beschieden wird. Im Jahr 2023 wurden insgesamt 11.410 Petitionen beim Petitionsausschuss eingereicht (2022: 13.242). Die Anzahl der eingereichten Petitionen ist somit gegenüber dem Vorjahr um 13,8 Prozent gesunken. Die Anzahl der Mitzeichnungen von Petitionen ist gegenüber dem Vorjahr dagegen um mehr als die Hälfte gestiegen, was für durch gesellschaftliche Gruppen organisierte Eingaben spricht.

Warnhinweise für Schwangere?
Die Zahl der Eingaben im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) stieg zwar im Vergleich zum Vorjahr von 158 auf 208 deutlich an. Sie machten aber weniger als 2% der Eingaben aus. Ein Schwerpunkt der Petitionen mit ernährungspolitischem Bezug lag dabei in gesetzgeberischen Anliegen zum Schutz vor gesundheitsgefährdendem Lebensmittel- und Alkoholkonsum. So forderte laut Petitionsbericht eine Eingabe, die auf der Internetseite des Deutschen Bundestages diskutiert und durch 11.032 Mitzeichnungen unterstützt wurde, dass an Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt von 6 Uhr bis 23 Uhr verboten werden soll. Darüber hinaus befassten sich mehrere Petitionen mit gesundheitsschädlichem Alkoholkonsum während der Schwangerschaft. Sie trugen die Forderung an den Deutschen Bundestag heran, auf alkoholhaltigen Getränken Warnhinweise für Schwangere anzubringen sowie den Alkoholkonsum während der Schwangerschaft zu bestrafen.

Cannabis nicht gefährlicher als Alkohol?
Der Petitionsausschuss unterstützte (!) mehrere Petitionen, mit denen gefordert worden war, den Markt für Cannabis als Genussmittel zu regulieren und dabei besonders die Aspekte Jugendschutz, Prävention, Verbraucherschutz und Qualitätskontrolle zu berücksichtigen. Zur Begründung war im Wesentlichen erklärt worden, Cannabis sei nicht gefährlicher als Alkohol. Es gebe keine medizinische Begründung dafür, es zu verbieten, denn ein Verbot sei ein erheblicher, unverhältnismäßiger und unbegründeter Eingriff in die Bürgerrechte und habe keine messbaren positiven Wirkungen. Stattdessen komme es zu negativen Effekten, wie z. B eine ungerechtfertigte Strafverfolgung. Auch koste der Verzicht auf die Besteuerung von Cannabis den Staat jedes Jahr Milliarden Euro. Zugleich fördere der künstlich erzeugte Schwarzmarkt für Cannabis die organisierte Kriminalität.

Null-Promillegrenze?
Der Petitionsausschuss befasste sich mit mehreren Petitionen, die die Einführung einer Null-Promille-Grenze im Straßenverkehr zum Gegenstand hatten. Die Leitpetition wurde auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht, dort von 193 Mitzeichnenden unterstützt und eingehend diskutiert. Zur Begründung des Anliegens war im Wesentlichen ausgeführt worden, dass der Konsum von Alkohol die Fahrzeugführenden und deren Verhalten beeinflusse. Da die Alkoholwirkung auch von den individuellen metabolischen und psychischen Kriterien des Einzelnen abhänge, könne diese nicht hinsichtlich ihres Verkehrsgefährdungspotenzials generalisiert herangezogen werden. Dies geschehe jedoch durch die gesetzliche 0,5-Promillegrenze in § 24a Absatz 2 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG). Der Petitionsausschuss kam nach gründlicher Prüfung und auch in Ansehung der mit der Petition vorgetragenen Argumente zu dem Ergebnis, dass die Einführung einer 0,0-Promilleregelung für alle Kraftfahrzeugführerinnen und -führer in § 24a Absatz 1 StVG unverhältnismäßig ist und daher abgelehnt wird. Die derzeit geltende 0,5-Promillegrenze ist ausreichend.

Quelle: Bericht des Petitionsausschusses (2. Ausschuss) - Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag - Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 2023 - Drucksache 20/11600 vom 26.06.2024.

RN/3.7.2024

 

 

Stimmen aus dem Bundestag 

(Stand Mai 2024)
Cannabis und Alkohol in der straßenverkehrspolitischen Debatte am 16. Mai
Am 16. Mai stand die erste Beratung des von den Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und weiterer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (Drucksache 20/11370) auf der Tagesordnung des Bundestages. Der Deutsche Bundestag hatte am 23. Februar 2024 die Teillegalisierung von Cannabis beschlossen. Im vorliegenden Gesetzentwurf zum Straßenverkehrsgesetz schlagen die Ampelfraktionen einen THC-Grenzwert vor. Die Fraktionen hatten sich verständigt, den Entwurf federführend an den Verkehrsausschuss, mitberatend an den Ausschuss für Inneres und Heimat, den Rechtsausschuss und den Ausschuss für Gesundheit zu überweisen. Doch vorab gab es eine lebhafte Aussprache. Im Folgenden werden einige Auszüge der Debatte vorgestellt, soweit die Themen Alkohol und Cannabis miteinander in Verbindung gebracht wurden:

Mathias Stein (SPD):
Wir wollen nicht, dass Menschen, die aktiv gekifft haben, sofort wieder ins Auto steigen und dann berauscht fahren. Genauso wenig wollen wir, dass Menschen nach starkem Alkoholgenuss ins Auto steigen. Also: Wer gekifft hat, der fährt nicht, und zwar – das steht für uns ganz klar fest –, bis er wieder nüchtern ist. Und das entspricht diesem Gesetzentwurf. Ich hoffe, dass wir in den Anhörungen und Beratungen noch einmal deutlich machen können, dass wir einen sicheren Verkehr wollen, aber auch ermöglichen wollen, dass Menschen, die Cannabis angemessen konsumieren, weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen können.

Swantje Henrike Michaelsen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Mit dem Grenzwert von 3,5 Nanogramm THC im Blutserum halten wir uns dabei streng an die Empfehlungen des Expertengremiums aus dem BMDV. Nach Expertenmeinungen entspricht das Unfallrisiko dem von 0,2 Promille beim Alkohol. Damit sind 3,5 Nanogramm eine sehr strenge Regelung, und das zu Recht; denn selbstverständlich darf auch zukünftig niemand im Rausch Auto fahren.

Jürgen Lenders (FDP):
[…], darüber hinaus wird der Mischkonsum nach unserem Gesetz wirklich sehr stark sanktioniert. Denn das Problem beim Mischkonsum von Cannabis und Alkohol: Die Auswirkungen sind nicht kalkulierbar. Deswegen sagen wir ganz klar: Wer Cannabis konsumiert, darf in keinem Fall daneben noch Alkohol trinken.

Florian Müller (CDU/CSU) (zu Protokoll, nicht live gehaltene Rede)
Die von Ihnen eingesetzte Grenzwertkommission hat in ihrer jüngsten Stellungnahme zwei wesentliche Punkte festgehalten: Erstens, den Grenzwert von 1,0 Nanogramm THC beizubehalten und das Gefährdungspotenzial anzuerkennen, und zweitens, den Grenzwert nicht mit dem von Alkohol zu vergleichen. Ihre neue Kommission schlägt nun aber genau das Gegenteil vor: Den Grenzwert auf 3,5 Nanogramm THC mehr als zu verdreifachen und ihn mit der Promillegrenze beim Alkohol zu vergleichen. Für diese Empfehlungen gibt es aber keine wissenschaftliche Grundlage […].

Schlussfolgerung:
Wir dürfen auf das Ergebnis der weiteren Beratungen in den Ausschüssen und im Plenum des Bundestages gespannt sein. Für die Positionen der Ampel und der CDU/CSU scheint es keinen gangbaren Zebrastreifen zu geben. 

RN/Ende Mai 2024

 

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