Wissenschaftlicher Überblick - Wissenschaftliche Datenlage zur Wirkung von Polyphenolen
Phenolische Substanzen
Polyphenole sind der Überbegriff für eine große Gruppe chemischer Stoffe, die vorwiegend in der Schale von Früchten vorkommen. Sie dienen der Pflanze z. B. als Farbstoff oder Schutz. In alkoholischen Getränken sind sie vor allem in Wein ("Ex-Obst") vorzufinden. Während in Rotwein mehr Polyphenole wie Resveratrol anzutreffen sind, ist Weißwein reich an weniger komplexen Phenolen wie Kaffeesäure, Tyrosol und Hydroxytyrosol.
Phenole wirken sich günstig auf die menschliche Gesundheit aus. Folgende Eigenschaften der Weinphenole gelten als belegt:
- Sie wirken antioxidativ, neuroprotektiv und entzündungshemmend,
- normalisieren den Blutzucker,
- verbessern die Gefäßendothelfunktion und
- hemmen die Blutplättchenaggregation.
Die entzündungshemmende Wirkung der Polyphenole lässt sich gut anhand von Biomarkern messen. Spanische Forscher fanden mit Hilfe von Daten aus der PREDIMED-Studie heraus, dass bei den Probanden zwei bestimmte Entzündungsmarker für Arteriosklerose (sVCAM-1 und sICAM-1) mit steigender Weinsäure im Urin (einem guten Indikator für den Weinkonsum) deutlich sanken.
Resveratrol ist einer der am besten untersuchten Weininhaltsstoffe. Gemeinsam mit anderen Polyphenolen und deren Stoffwechselprodukten kommt ihm bei vielen der herz- und gefäßschützenden Effekte des moderaten Weinkonsums eine besondere Bedeutung zu. Er wird allerdings nur in geringem Umfang ins Blut aufgenommen. Seine gefäßschützende Wirkung erfolgt auch direkt über die Beeinflussung der Darmflora. So führte einer spanischen wie auch einer brasilianischen Studie zufolge der tägliche Genuss von 250 ml Rotwein bei den Probanden nach vier bzw. drei Wochen zu einer günstigen Veränderung der Darmflora.
Polyphenole optimieren darüber hinaus den Stoffwechsel. So vervielfachte sich in einer japanischen Studie nach der Gabe von Resveratrol und weiteren Polyphenolen die Bildung des zellulären Schutzstoffes Sirtuin 1 (SIRT1) in den weißen Blutkörperchen der Probanden. Neben der Hemmung der Einleitung des Zelltods („Langlebigkeitsprotein“) scheint SIRT1 einem drohenden Diabetes entgegen zu wirken. Je mehr SIRT1 hergestellt worden war, um so weniger ausgeprägt war die Insulinresistenz (der HOMA-Index sank signifikant).
Gut untersucht ist auch das in Wein und nativem Olivenöl enthaltene Phenol Hydroxytyrosol. Es verhindert die Oxidation des LDL-Cholesterins und trägt so zur Gefäßgesundheit bei. Die PREDIMED-Studie zeigte darüber hinaus erstmals, dass eine vermehrte Aufnahme und höhere Ausscheidung dieses Phenols (insbesondere seines Abbauproduktes Homovanillyl-Alkohol / HVAL) auch mit geringeren Krankheitsraten und Sterbefällen aufgrund von Herz- und Gefäßleiden einherging. Zusätzlich war ein Trend zur verminderten Gesamtsterblichkeit zu beobachten. Das bedeutet nicht, nun möglichst viel Wein zu trinken. Denn die Verzehrmengen, die in der Studie mit positiven Effekten einhergingen, bewegten sich überwiegend im moderaten Bereich.
Die vielen Weinphenole sind jedoch im Hinblick auf ihre positiven Wirkungen nicht einzeln zu betrachten. Sie entfalten diese offenbar zusammen und addieren sich zudem mit denen des Alkohols, wie z.B. einem Anstieg des „guten“ HDL-Cholesterins. Darüber hinaus scheinen die schützenden Effekte des Weines nicht von seiner Farbe abzuhängen. Zwar enthält Rotwein rund sechsmal so viele phenolische Verbindungen wie Weißwein. Einer griechischen Studie zufolge entfalten jedoch Extrakte aus Weißwein teilweise sogar stärkere Effekte als jene aus Rotwein. Sowohl Weiß- als auch Rotwein liefert damit biologisch potente Begleitstoffe zur Vorbeugung von Herz- und Gefäßkrankheiten.
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