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WHO-Regionalbüro Europa fordert Beschränkung der Alkoholwerbung - Regulierungslücken werden vor allem im digitalen Alkoholmarketing beklagt

(Stand 13. Juli 2020)
Das WHO-Regionalbüro Europa (WHO-EURO) hat kürzlich ein Online-Seminar durchgeführt, an dem Vertreter der WHO, der NGO´s und der Industrie teilnahmen, um insbesondere das digitale Marketing alkoholischer Getränke zu diskutieren. Grundlage war ein neuer Bericht zum „Alkoholmarketing in der Europäischen Region" der WHO. 

Zu wenig Regulierung im Online-Bereich
Laut Bericht passt sich das Alkoholmarketing schneller an neue Markt-Realitäten an als der Gesetzgeber. Die Industrie nutze die Möglichkeiten digitaler Plattformen, um ihre Produkte in einem weitgehend unregulierten Markt zu promoten. Innovative Online-Werbetechniken würden genutzt, um gezielt das Trinken der Konsumenten zu steigern. Dies schließe Kinder und Jugendliche ein, so die Autoren des Berichts. Unternehmen geben jedes Jahr Milliarden von Dollar für Marketing aus, wobei immer mehr Werbekampagnen in Online-Medien durchgeführt werden. Gleichzeitig hätten nach den neuesten Daten der WHO weniger als ein Viertel aller Mitgliedstaaten der EURO-Region das Marketing via Internet reguliert bzw. Einschränkungen erlassen. Noch weniger Länder haben -  so der Bericht - Beschränkungen für soziale Medien eingeführt, obwohl Verbote oder umfassende Beschränkungen der Alkoholwerbung zu den kostengünstigsten Maßnahmen zur Reduzierung des Alkoholkonsums und der damit verbundenen Schäden gehörten.

Zusammenhang zwischen Marketing und hohem Konsum
Diese Situation muss nach Ansicht der WHO geändert werden, da die Trinkmengen in der EURO-Region die höchsten der Welt seien. Der Zusammenhang zwischen der Exposition gegenüber Alkoholmarketing und dem Ausmaß des Alkoholkonsums und -schadens sei bestens bekannt.

Laut Bericht nutze die Alkoholindustrie die neuen Chancen der Online-Marketing-Technologien zu ihren Gunsten aus. Dabei käme ihr zu Gute, dass die bestehenden Gesetze und Regeln für Online-Plattformen in der gesamten Region vage formuliert seien. Laut dem WHO-Bericht haben Social-Media-Communities Auswirkungen auf die kulturelle Akzeptanz von Alkohol, insbesondere bei Jugendlichen. Neues Social-Media-Marketing interagiere und ermutige Verbraucher, Beiträge zu mögen, Fragen zu beantworten, ihre Freunde zu markieren und sogar eigene Inhalte zu generieren, die denselben Werbezielen dienen. So könnten Social-Media-Nutzer unwissentlich selbst als Promoter von alkoholischen Getränken auftreten.

Alkoholmarketing überschreite Grenzen und nutze die vielfältige digitale Landschaft, um seine Botschaften global zu verbreiten. Online-Werbetechniken könnten Verbraucher sogar in Regionen erreichen, in denen alkoholbezogene Inhalte nach nationalem Recht verboten sind.

Gesetze statt Selbstregulierung
Im Online-Seminar wurden die Möglichkeiten zur Regulierung des Alkoholmarketings diskutiert. Im Bericht wird wie so oft von der WHO-EURO bezweifelt, dass Selbstregulierung eine bedeutsame Auswirkung auf die öffentliche Gesundheit habe. In der gesamten WHO-EURO-Region seien Vorschriften größtenteils für traditionelle Marketingkanäle wie Werbung in Fernsehen, Radio und Printmedien eingerichtet. (Anm. der DWA: Dies entspricht nach Angaben des Deutschen Werberats – zumindest für Deutschland – nicht ganz den Tatsachen).

Die Online-Vermarktung von Alkohol sei das am wenigsten regulierte Feld, obwohl eine erhebliche Verlagerung von traditionellen Kanälen in die digitale Landschaft stattgefunden habe. Nachahmenswert sei die Situation in Finnland, dessen Gesetze auch den ganzen Social-Media-Bereich erfasse.

Die WHO-EURO fordert umfassende gesetzliche Vorschriften zur Einschränkung oder zum Verbot der Alkoholvermarktung, um die Verbraucher zu schützen.

Gute Erfolge habe Litauen, das erste EU-Land, in dem ein absolutes Alkoholwerbeverbot besteht. In Tschechien erwägt man, umfängliche Warnhinweise auf die Flaschen zu bringen in Anlehnung an Thailand, wo bereits Warnungen vor alkoholindizierten Krankheiten, wie Leberzirrhose mit einschlägigen Fotos versehen sind.

Ein stärkeres Bewusstsein für die umfangreichen Herausforderungen der Werbung und das politische Engagement für deren Bewältigung sei dringend erforderlich. Die Alkoholwerbung müsse stärker eingeschränkt und digitales Marketing sollte in regulatorische Rahmenbedingungen einbezogen werden, da täglich Tausende von Posts und Videos auf einer Vielzahl von Plattformen veröffentlicht werden. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Region der WHO seien gefordert, Erfahrungen auszutauschen, wirksame Kontrollen zu entwickeln, die der grenzüberschreitenden Arbeit im Bereich der öffentlichen Gesundheit dienen können.

WHO-Regionalbüro Europa fordert strenge Preis- und Steuerpolitik zur Reduzierung des Konsums alkoholischer Getränke

(Stand Anfang Juli 2020)
Am 30. Juni 2020 hat das Regionalbüro der WHO in Europa (WHO-EURO) ein Online-Seminar zur Veröffentlichung des Berichts „Preisgestaltung für Alkohol in der Europäischen Region der WHO: Aktualisierung des Berichts über die Nachweise und empfohlenen politischen Maßnahmen (2020)“ durchgeführt. An diesem Seminar nahmen rund 100 Teilnehmer teil, darunter Mitarbeiter der WHO, Vertreter der nationalen Gesundheitsminister, der Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und der Wirtschaft. WHO-EURO betonte, dass der Bericht Ergebnis der Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten sei.

Preis- und Steuerpolitik bei Alkohol
WHO-EURO fordert effektivere politische Maßnahmen, da in der europäischen Region rund eine Million alkoholbedingte Todesfälle pro Jahr registriert würden. Der Bericht hebt hervor, dass der Einsatz einer Preis- und Steuerpolitik eines der wirksamsten Instrumente zur Reduzierung des Alkoholkonsums und der damit verbundenen Schäden sein sollte. Der Preis könne z.B. durch verschiedene Mechanismen wie Steuern, Verkaufsmonopole oder Mindeststückpreise (MUP) beeinflusst werden. Die Besteuerung von Alkohol wird als der effektivste Mechanismus dargestellt, mit dem Regierungen die Alkoholpreise beeinflussen können. Hierbei soll die auf ein Produkt zu zahlende Steuer direkt proportional zu seinem Alkoholgehalt festgelegt werden. Die Festlegung von Mindestpreisen für Alkohol wird als Alternative oder Ergänzung zur Besteuerung genannt. Im Bericht wird betont, dass es belastbare Beweise aus Schottland und Osteuropa gebe, dass diese Maßnahmen erfolgreich seien, um den Alkoholkonsum und die schädlichen Folgen zu reduzieren.

Der Bericht kommt zu weiteren gravierenden politischen Empfehlungen:

  • Die Besteuerung von Alkohol sollte auf einer bestimmten Basis erhoben und an die Inflation gekoppelt werden, um sicherzustellen, dass die Preise im Laufe der Zeit nicht real fallen.
  • Die Alkoholsteuersätze sollten grundsätzlich für alle Produkte weitgehend gleich sein.
  • Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, die Preispolitik für Alkohol als sehr effektives Instrument zu nutzen, um die volkswirtschaftliche Belastung durch Alkoholschäden in ganz Europa zu verringern.

Der Bericht bemängelt, dass die bisherigen EU-Richtlinien von den Mitgliedstaaten nicht in vollem Umfang für die Alkoholpolitik genutzt werden. Daher sei ein wirksamerer Ansatz - also direkt geltende EU-Verordnungen - für die Preispolitik erforderlich, um den durch Alkohol verursachten Schaden in der gesamten europäischen Region zu verringern.

Die Verfasser des Berichts kritisieren außerdem, dass Wein in vielen Ländern im Vergleich zu anderen alkoholischen Getränken weitgehend „untersteuert“ werde und dass die Alkoholsteuerstrukturen und die Besteuerung von Land zu Land unterschiedlich seien.

Im Rahmen einer ähnlichen Veranstaltung, die am 8. Juni organisiert wurde, hatte die WHO-Euro bereits einen Bericht zur Alkoholkennzeichnung in der gesamten Europäischen Region veröffentlicht.

Das nächste Online-Seminar der WHO-EURO findet am 7. Juli 2020 statt. Thema wird das Alkoholmarketing in der Europäischen Region der WHO sein.

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