Der diesjährige Internistenkongress in Wiesbaden wirkte noch länger nach. Der Präsentation von Prof. Dr. Kristian Rett auf dem DWA-Symposium widmete die Deutsche Adipositas-Gesellschaft einen gesonderten Artikel.
Nachwirkungen des Internistenkongresses
Prof. Rett analysierte die Aussagen der Global Burden of Disease-Studie (GBDS), die weltweit für Furore sorgte. Die Erstpublikation dieser einer nicht-experimentellen, beschreibenden Korrelationsstudie stammt aus dem Jahre 2018 (GBDS 1). In dieser Studie werden globale Schätzungen zum Trinkverhalten korreliert mit 22 willkürlich definierten alkoholassoziierten Gesundheitsproblemen.
Sie postuliert eine lineare Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen Alkoholkonsum und möglichen Gesundheitsschäden und gipfelt in der Forderung, es gebe keinen sicheren Alkoholkonsum, da bereits geringe Mengen gesundheitsschädlich seien. Das steht im Gegensatz zum bestehenden wissenschaftlichen Konsens, der von einer sogenannten J-Kurve und von einem gesundheitlichen Nutzen im unteren („moderaten“) Dosisbereich ausgeht.
Aufgrund der methodischen Schwächen und wissenschaftlicher Fehler sowie der unangemessenen Schlussfolgerung wurde GBDS 1 hinreichend kritisiert.
In der aktuelleren Publikation wurden die gleichen Daten unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, Jahr und geographischer Zuordnung ausgewertet. Dabei wird die belastungsgewichtete relative Risikokurve ab dem 40sten Lebensjahr in allen Regionen der Welt als J-förmig beschrieben.
Außerdem lässt sich in GDBS 2 sogar ein verbessertes Gesundheitsergebnis für Personen mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko bei moderatem Weinkonsum erkennen. Dies gilt für Frauen ebenso wie für die männlichen Teilnehmer der Studie.
Mit dieser Interpretation rückt die GBDS erstmalig vom bisherigen hegemonialen Abstinenzparadigma ab und erkennt den Netto-Nutzen des moderaten Alkoholkonsums in Abhängigkeit vom Alter und vom kardiovaskulären Risiko an. GBDS empfiehlt stattdessen Maßnahmen zur Minimierung des Alkoholkonsums bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, wie es von allen als richtig empfunden wird.
Das ist gegenüber der Erstpublikation nichts anderes als eine 180-Grad-Wende.
Den ausführlichen Artikel finden Sie HIER.