Das Ergebnis einer aktuellen Studie aus Deutschland machte kürzlich Schlagzeilen. Sie soll ergeben haben, dass Abstinenz doch das Beste für ein langes Leben ist – und dass ein moderater Konsum keine Vorteile brächte. Folglich möge man nicht aus gesundheitlichen Gründen zum Konsumenten alkoholischer Getränke werden. Das empfiehlt jedoch ohnehin niemand, der sich seriös mit der Thematik befasst.
Schadet oder nützt das Glas Wein?
Schadet oder nützt das Glas Wein?
Immer wieder wird infrage gestellt, dass ein leichter bis moderater Konsum alkoholischer Getränke im Vergleich zur Abstinenz mit einer besseren Gesundheit und einer verringerten Sterblichkeit einhergeht. Die Kritiker heben gerne darauf ab, dass Abstinente ihren Konsum häufig aufgrund gesundheitlicher Probleme oder einer Abhängigkeit aufgegeben haben, was die Ergebnisse zugunsten der moderaten Konsumenten begünstigen würde. Allerdings wird dieser sogenannte „Sick-Quitter-Effekt“ schon seit Jahren berücksichtigt, etwa indem man nur lebenslang Abstinente in die Analysen miteinbezieht. Die machen allerdings meist nur eine kleine Untergruppe der Abstinenten aus.
„Sick-Quitter-Effekt“ und Schädlichkeit des Rauchens bestätigt
Eine Studie aus Deutschland hat nun die Zusammenhänge detaillierter dargestellt, indem sie die Abstinenten in acht verschiedene Gruppen unterteilte und deren Sterberisiken mit jenen von Konsumenten mit einem leichten bis moderaten Konsum verglich. Dazu hatte man per Zufallsstichprobe gut 4.000 Erwachsene aus Lübeck und Umgebung ausgewählt und zu ihrem früheren Trinkverhalten befragt sowie zu ihrem Trinkverhalten in den letzten 12 Monaten und zu ihrem Gesundheitszustand. Dabei zeigte sich, dass knapp drei Viertel derjenigen, die zu Studienbeginn angaben, im Jahr zuvor keine alkoholischen Getränke konsumiert zu haben, früher geraucht hatten, aktuell rauchten, ein riskantes Trinkverhalten hatten, abhängig von Alkohol oder Drogen gewesen sind oder sich in einem mittleren bis schlechten Gesundheitszustand befanden. Ihre Sterberisiken lagen alle signifikant über jenen der moderaten Konsumenten. Dies galt sowohl für die Gesamtsterblichkeit als auch für die Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die bis zu sechseinhalbmal höher lag als bei moderaten Konsumenten.
Andererseits gingen auch ein aktuell sehr hoher und extremer Konsum alkoholischer Getränke mit signifikant erhöhten Sterberisiken einher. Zudem bestätigt die Studie eindrucksvoll den schädlichen Effekt des Rauchens: So war unter den Abstinenten die Sterblichkeit bei aktuellen und Ex-Rauchern im Vergleich zu den moderaten Konsumenten verdoppelt.
Keine erhöhten Risiken bei gesunden Abstinenten
Das Ergebnis, das es in die Schlagzeilen schaffte war, dass Abstinente, die nie geraucht hatten und sich einer guten bis exzellenten Gesundheit erfreuten, im Vergleich zu allen Personen mit leichtem bis moderatem Konsum kein erhöhtes Sterberisiko hatten. Verglich man sie jedoch nur mit jenen moderaten Konsumenten, die ihre Gesundheit ebenfalls als gut bis exzellent eingestuft hatten, zeigte sich immerhin ein Trend zur erhöhten Sterblichkeit bei den Abstinenten. Auch unter den Rauchern und ehemaligen Risikokonsumenten war die Sterblichkeit bei den Abstinenten im Vergleich zu den moderaten Konsumenten erhöht. Diese Studie widerlegt folglich nicht die bisherigen Daten zur verringerten Sterblichkeit von Personen mit moderatem Konsum.
Art der Getränke und Lebensstil blieben außen vor
Wie bei vielen prospektiven Studien wurden die Teilnehmer nur einmal zu Beginn befragt, Veränderungen ihrer Trinkgewohnheiten konnten daher nicht berücksichtigt werden. Der diesbezügliche Fragebogen erhob zudem nicht die Art der Getränke. Auch wurden weder Essgewohnheiten noch das Körpergewicht oder die körperliche Aktivität erhoben. Das ist bedauerlich, ergaben doch andere Studien, dass der moderate Genuss eines Glases Wein zum Essen und im Rahmen eines insgesamt gesunden Lebensstils mit einer besseren Gesundheit und einem verringerten Sterberisiko einhergeht.
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Quelle: John, U et al.: Alcohol abstinence and mortality in a general population sample of adults in Germany: A cohort study. PLoS Medicine 2021;18:e1003819