Kolumne
NACHGEFORSCHT

Wissenschaftlicher Überblick

Kolumne Nachgeforscht September 2021

In der aktuellen Ausgabe des Nachgeforscht beschäftigt sich die Autorin Frau Dr. Hammer mit der Frage, ob die Qualität des Weines von der Höhe der Volumenprozente abhängig ist. Erfahren Sie mehr in dieser Kolumne.

 

Wann ist ein Wein ein Wein?
Urlaub in Italien – ohne Wein undenkbar. Wir wählen einen 11-Prozenter Weißen zum Abendessen und fühlen uns nach einer Flasche noch ganz wohl. Schnell erkennt der Gastwirt und Herr der Weinberge um uns herum, dass wir schon öfter Wein getrunken haben. Dies mündet in einer spontanen Probe seiner Schätze, keiner unter 13 Volumenprozent und sein bestes Pferd im Stall, einen 14,5 Volumenprozenter. Nach der vierten Probe verrät uns Rocco (nach Probe Nr. 3 war man beim Du) seine spöttische Verachtung für unseren gewählten Tischwein: »Das ist doch kein Wein, der beginnt erst ab 13 Volumenprozent.« So denken auch (noch) viele deutsche Winzer. »Leichtweine«, alkoholreduziert oder gar alkoholfrei – etwas für Warmduscher!

Aber, es gibt immer mehr Genießer, die für alkoholreduzierte oder gar alkoholfreie Varianten offen sind, wenn sie denn schmecken. Der Konsumbarriere Geschmack lässt sich mit den neuen Techniken recht gut begegnen. Dass man diese Weine nicht nur trinken, sondern gut trinken kann, zeigt uns eine Probe in einem großen Weinhandelshaus in Rheinhessen. Dessen Juniorchef startete sein Berufsleben erstmal mit einem entalkoholisierten Wein, unter 0,5 Volumenprozent, weniger süß und mehr aromatisch als andere - und mehr als trinkbar. Richtig gut. Der junge Mann hat das technische Know-How und das große Unternehmen erlaubt ihm eine Anlage zur aromaschonenden Vakuumverdampfung. Aber auch für kleinere Betriebe, die sich zusammenschließen und unter einer Dachmarke den Wein gemeinsam produzieren und vermarkten, müsste dies zu stemmen sein. Im Rheingau läuft schon erfolgreich ein entsprechendes Projekt mit 21 Weingütern.

 

Mit oder ohne Alkohol? 0,5, 8,5 oder 14,5 Volumenprozent? Es gibt viele Nuancen. Nach Definition darf Wein bislang erst ab 8,5 Volumenprozent »Wein« genannt werden. Das soll sich aber jetzt ändern. Bald können auch alkoholreduzierte Weine unter 8,5 Prozent als »Wein« vermarktet werden. Und Zielgruppen gibt es dafür genug: Weintrinker, die dies auch mit zunehmendem Alter gerne bleiben wollen, ebenso wie Einsteiger, die an Wein und Degustationen ohne Reue interessiert sind – nahezu alle stoßen sich an den hohen Alkoholgehalten von 14 Prozent.

Entalkoholisiert, alkoholreduziert, »Leichtweine« und bislang »normale« Weine- alle nebeneinander. Beide – ohne und mit weniger Alkohol – müssten aber als bewusste Produktlinien und nicht als ungeliebte Anhängsel beworben werden. Den Verbraucher da abholen, wo er ist. Da versteht auch ein Nicht-Werbemensch wie ich, was der Begriff »Neue Märkte« bedeutet: Modern, jung, trendbewusst, kalorienärmer bzw. situativer Alkoholverzicht, z.B. beim Autofahren – viele Ansatzpunkte.

Die großen Kellereien sind schon auf den Zug aufgesprungen und verkaufen mehr alkoholfreien (korrekt: entalkoholisierten) Wein denn je- Tendenz steigend.

Ich hoffe, dass Rocco irgendwann auch verstehen wird, dass es bei gutem Wein nicht nur auf den Alkoholgehalt ankommt.

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