Geht Wein an die Nieren? Ein Artikel über ein lebenswichtiges Organ.
Kolumne Nachgeforscht April 2019
Ob es unbedingt einen Welt-Nichts-Tag, einen Welt-Krokettentag oder einen Welttag der Minzschokolade geben muss? Sind doch Welttage besonders wichtigen Themen oder Ereignissen gewidmet. Muttertag und Valentinstag sind nicht wichtig, aber nett. Eigentlich sinnig finde ich nur Tage wie Europatag der EU, Weltgesundheitstag, Welttag der Organspende, oder …. Weltnierentag. Über letzteren stolpere ich, während die Arbeit über Alkohol und Nieren auf meinem Schreibtisch liegt.
Das paarige Organ filtert und reinigt rund 300 Mal am Tag unser gesamtes Blut von etwa sechs Litern, reguliert den Blutdruck und bildet Vitamine. Wichtig, es gesund zu halten.
Die Nieren werden in der Alkoholforschung immer etwas vernachlässigt. Weiß man doch, dass Alkohol „austrocknet“ und zur Vorbeuge von Nierenproblemen ausreichend Flüssigkeit wichtig ist. Wer ständig zu viel Alkohol trinkt, schädigt längerfristig nicht nur die Leber sondern auch die Nieren. Aber auch kurzfristig reagiert die Niere auf zu viel Alkohol. Es kommt zu vermehrter Harnbildung und dadurch zu einer erhöhten Flüssigkeitsausscheidung. Der Körper „trocknet aus“, wenn nicht entgegengewirkt wird - der Start für ein Nierenleiden.
Eine große Beobachtungsstudie (ARIC = engl. für Arteriosklerose-Risiko in Gemeinden), die sich durch hohe Teilnehmerzahl und lange Beobachtungsdauer auszeichnet, gibt Aufschluss. In vier amerikanischen Gemeinden unterzogen sich über 12.000 Männer und Frauen mittleren Alters mehrfach medizinischen Untersuchungen. Zudem wurden sie außer zu ihrem Essverhalten und der körperlichen Bewegung auch zum Alkoholgenuss befragt. Als Standarddrink galt ein Glas Wein mit etwa 120 ml, ein Glas Bier mit ca. 350 ml oder rund 4 cl Spirituosen. Zur Auswertung wurden die Probanden anhand ihres Alkoholkonsums in 6 Kategorien unterteilt: lebenslang Abstinente, ehemalige Konsumenten, unter einem Standarddrink, 2 bis 7, 8 bis 14 und über 15 Standarddrinks jeweils pro Woche.
Niedrigstes Risiko bei moderatem Konsum
Während der rund 24 Jahre langen Beobachtungszeit kam es zu 3.664 Fällen von chronischen Nierenerkrankungen. Es zeigte sich, dass aktuelle Alkoholkonsumenten im Vergleich zu lebenslang Abstinenten ein um 12 bis 29 % verringertes Risiko für diese Erkrankung aufwiesen. Am niedrigsten fiel das Risiko bei einem Konsum von 8 bis 14 Drinks pro Woche aus, also dem, was unter einem moderaten Konsum verstanden wird. Wurden die „Fast-Abstinenten“ (bis zu einem Drink pro Woche) als Vergleichsgruppe gewählt, schnitten wiederum die moderaten Konsumenten am besten ab. Das Risiko unter Abstinenten und früheren Konsumenten war dagegen um rund 14 % erhöht. Damit kann ein „Sick Quitter Effekt“ ausgeschlossen werden – diesen führen Kritiker häufig an und behaupten, moderate Konsumenten schnitten nur deshalb gut ab, weil unter den Abstinenten viele seien, die aufgrund einer Krankheit keinen Alkohol mehr trinken. Über 15 Drinks pro Woche hinaus hatte keine Vorteile mehr. Dies bestätigt einmal mehr die aus anderen Zusammenhängen bekannte J-förmige Beziehung, die bei leichtem bis moderatem Genuss Benefits findet – aber weder bei Abstinenz noch bei hohem Konsum.
Dass zu viel Alkohol krank macht, ist nichts Neues. Doch neben der Dosis spielt immer mehr das richtige Trinkmuster eine Rolle. Dazu gehört auch die ausreichende Menge an Wasser – begleitend zum Weinkonsum. Dies hat sich bei Weinverkostungen in den letzten Jahren bereits etabliert. Und das ist auch gut so: Ein Glas Wasser zum Wein ist bekömmlich und gut für die Nieren. Wer dies bislang noch nicht praktiziert, sollte nicht bis zum 12. März 2020 warten - dem nächsten Weltnierentag.