Pioniere/innen
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Montaigne, Michel Eyquem, Seigneur de

* 1533 Schloss Montaigne im Périgord; † 1592 ebenda

Montaigne war Spross einer reichen, spät geadelten südfranzösischen Kaufmannsfamilie. Er wurde nach fortschrittlichen humanistischen Prinzipien erzogen. Es folgte ein Jurastudium in Bordeaux und Toulouse. Ins Berufsleben startete er als Steuerrat in Périgueux, war von 1557 bis 1570 Parlamentsrat, später Bürgermeister in Bordeaux. Bereits 1571 zog er sich auf den Familiensitz zurück, um nur der Literatur und in Meditation zu leben. Aus heutiger Sicht zählt er zu den bedeutendsten Humanisten und zu den bekanntesten Renaissance-Essayisten Frankreichs.

Gegenstand seiner Essays sind nahezu alle sittlichen Fragen, die den Menschen bewegen, seine Tugenden und Schwächen als einzelnes und geselliges Wesen sowie seine rechtlichen und sozialen Rahmenbedingungen. Die Vielfalt der Themen ist schon deswegen überraschend und sogar verwirrend, weil sie in seinen Schriften – zumindest auf den ersten Blick - ohne jede erkennbare Ordnung behandelt werden. Literarisches, Alltägliches, Naheliegendes und Sonderbares stehen bunt gemischt nebeneinander.

Was veranlasst die DWA, ihn zu den Pionieren der deutschen Weinkultur zu zählen?
Es gibt nicht wenige Autoren des ausgehenden Mittelalters und der frühen Neuzeit (also 14.-16. Jahrhundert), die sich mit den Trinkgewohnheiten ihrer Zeitgenossen befasst haben. Bemerkenswert bei Montaigne ist die Art und Weise, wie er sich als Vertreter der Renaissance und des Humanismus dazu äußert: Richtschnur für das Verhalten der Menschen sollen nicht mehr die Vorgaben der kirchlichen Autoritäten, sondern die individuelle Vernunft sein.

Differenzierte Betrachtung des Weingenusses und seiner Wirkungen
Im Zeitraum 1572 bis 1592 beschäftigte er sich auch mit der Trunksucht, veröffentlicht in „Gedanken und Meinungen über allerley Gegenstände“. In der 1793 erschienenen deutschen Übersetzung ist unter anderem zu lesen: Die Laster sind sich alle gleich, insoferne sie alle Laster sind […].Aber aufgepasst:„sind es doch nicht durchgängig gleiche Laster. Und daß derjenige, der hundert Schritte über die Schranken hinaus geht, nicht strafbarer seyn sollte, als der, welcher sich nur um zehn Schritt davon entfernt, will mir nicht einleuchten.“Man müsse von der Wissenschaft erwarten, „die Laster gehörig zu unterscheiden; ohne solche genaue Unterscheidung, bleiben der Tugendhafte und der Ruchlose mit einander vermengt und unbekant.“ Eine Forderung, die in der aktuellen Alkoholpolitik aktueller denn je ist.

Eine klare Absage an die Unmäßigkeit!
„Die Gewohnheit, sich zu betrinken,“ war für Montaigne„ein grobes, viehisches Laster, woran der Verstand wenig Antheil hat.Der ärgste Zustand eines Menschen ist, worin er die Kenntniß und die Beherrschung seiner selbst verliert.“Und an anderer Stelle: „Ich kann aber gleichwohl nicht begreifen, wie man es dahin bringen könne, das Vergnügen des Trinkens bis über den Durst hinaus zu dehnen, und sich mit einer erkünstelten und naturwidrigen Begierde zu täuschen. Mein Magen würde das nicht aushalten; der hat schon vollauf mit dem zu thun, was er zu seiner Nothdurft nehmen muß.“Eine klare Absage an die Unmäßigkeit! Er war nicht der einzige mediterrane Autor seiner Zeit, der insbesondere den Deutschen einen Hang zur Trunksucht und einer bemerkenswerten, aber nicht lobenswerten Trinkfestigkeit attestiert. Er verwies darauf, dass die Franzosen „nur bey zwey Mahlzeiten des Tages mäßiglich trinken. Es wird dazu mehr Zeit und Sitzfleisch erfordert.“

Kein Wein für Kinder, mit Maß für die Erwachsenen, Labsal für die Alten
Das Denken des Humanisten Montaigne orientierte sich am Bildungsideal der griechisch-römischen Antike, im Bewusstsein der Würde des Menschen und des Strebens nach Menschlichkeit. Daher brachte er in seinen Essays eine Reihe von Zitaten der antiken Philosophen. Zum Beispiel: „Plato verbot den Kindern, vor ihrem achtzehnten Jahre Wein zu trinken, und vor dem vierzigsten einen Rausch zu zeugen. Denen aber, die ihre vierzig zurückgelegt haben, verzeiht er, wenn sie den Wein liebgewinnen, und dem Einflusse des Bacchus ein wenig mehr Raum bei ihren Kränzchen lassen: diesem milden Gott, der den Menschen neuen Frohsinn bringt, und dem Greise die Jugend wieder giebt […]“.  Dies alles aber unter Beachtung der Kontrolle über sich und des Maßhaltens: „Der Wein sey vermögend der Seele Mäßigkeit und dem Körper Gesundheit zu verschaffen.“ Montaigne übernahm nicht einfach die Aussagen der Antike, sondern forderte, die Empfehlungen immer wieder in Frage zu stellen und entsprechend der wissenschaftlichen Erkenntnisse neu zu justieren.

Quellen:
  • Montaigne, Michel Eyquem, Seigneur de : Gedanken und Meinungen über allerley Gegenstände, Berlin 1793-1795, Nachdruck Wien 1797

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