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Familie Loeb

Über viele Generationen wurde die deutsche Weinkultur auch von jüdischen Weinkaufleuten geprägt, bis der Terror der Nazionalsozialisten begann. Stellvertretend sei an die Weinhandelsfamilie Loeb erinnert. Ihr Weinhandelshaus existierte in Trier bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Mehrere Familienmitglieder waren als wichtige jüdische Weinhändler bekannt.

 

Sigmund Loeb (* 1859; † 1950)
Eine besonders bedeutende Rolle spielte Sigmund Loeb, der 1912 den Verband der Weinkommissionäre an der Mosel mitbegründete und außerdem stellvertretender Vorsitzender des Weinhändlerverbandes an der Mosel war. 1921 wurde er zum Vorsitzenden der Handelskammer gewählt. Mit der Machtübernahme der Nazis wurden die jüdischen Weinhändler zunächst schleichend ausgegrenzt und dann wie alle anderen Juden verfolgt.

Sigmund Loeb flüchtete 1938 mit seiner amerikanischen Ehefrau Nelly in die USA und dann in die Niederlande. Dort fielen sie nach dem Überfall Hitler-Deutschlands doch in die Hände der Nazis, wurden aber nach einer Internierung im Lager Westerbrock vermutlich wegen der amerikanischen Staatsangehörigkeit Nelly´s nicht deportiert. Sie überlebten in einem Lager in Vittel (Vogesen), das unter dem Schutz des Internationalen Roten Kreuzes stand. 1946 emigrierten sie nach England.

Otto Loeb (* 1898; † 1974)
Ihr Sohn Otto war nach dem ersten Weltkrieg, an dem er als deutscher Soldat teilnahm, in die Weinhandlung seines Vaters Sigmund eingetreten. 1922 promovierte er an der Universität Köln mit einer Arbeit zum Weinhandel an der Mosel. In seiner Freizeit engagierte er sich im Kulturleben der Stadt und veranstaltete Konzerte. In der Krise der Jahre um 1930 gelang es Loeb, den Fortbestand des Stadttheaters zu sichern. Er wurde Mitbegründer des Verkehrsvereins und übernahm dessen Geschäftsführung.

Als 1926 der Propagandaverband preußischer Weinbaugebiete gegründet wurde, war er in diesem Gremium der Hauptvertreter des Weinhandels der Mosel. Auf dem 1930er Weinbaukongress in Trier referierte er über die Vorteile, die eine Typisierung der Weine im Weinabsatz bringen könnte. Und er betonte, es sei grundverkehrt, zwischen Weinbau und Weinhandel Gegensätze aufzubauen. In gemeinsamen Beratungen von Weinbau und Weinhandel sollte man sich auf ein Konzept für die Weintypisierung zur Steigerung des Weinabsatzes verständigen.

Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten wurde Loeb sukzessive aus dem Geschäftsleben seiner Heimatregion verdrängt. 1937 ging er in die Emigration nach Großbritannien, wo er ein neues Weinhandelsunternehmen in London eröffnete, das er bis in die 1970er Jahre betrieb. Trotz der Verfolgungen seiner Familie im Nazi-Deutschland setzte er sich in den 50er und 60er Jahren engagiert für deutsche Weine ein. Er war wesentlich daran beteiligt, dass die deutschen Spitzenweine kurz nach dem zweiten Weltkrieg in England wieder Fuß fassen konnten. Er hat bewundernswerte Veröffentlichungen über die deutschen Weine herausgebracht. Mit großem Sachverstand, aber auch mit feinem britischem Humor brachte er in dem Buch Moselle den Engländern die Historie, die Herkunft, die Bezeichnungen, die Eigenarten und die Vorzüge der Moselweine nahe. Seine Ausführungen zum Kapitel Mainly Terminology begann er so:

„One of the most important things when drinking wine is to know what one is drinking. It is not always easy and it is, generally speaking, harder in Germany than in other countries. German wine growers are great individualists. They make their wines in such an individual way that selecting a German wine is more complicated and difficult than choosing one from practically anywhere else.“

Seine Ausführungen, die man durchaus in Zusammenhang mit seinem Statement zur Typisierung der Weine sehen darf, bezogen sich auf das 1930er, nicht auf das 1971er Weingesetz. Kurz vor seinem Tod entschloss er sich 1974, trotz aller leidvollen Erfahrungen in der NS-Zeit, in seine Heimatstadt Trier zurückzukehren, um dort auf dem jüdischen Friedhof begraben zu werden.

Quellen
  • O.W. Loeb & T. Prittie: „Moselle“, Faber and Faber, London (1972)
     
  • Rheingauer Weinzeitung S. 97 (1926) und S. 244 (1930)
     
  • Rheinland-Pfälzische Personendatenbank
     
  • Stadtarchiv Trier

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