WHO
WHO Europe sucht Experten für Warnhinweise
(Stand Oktober 2022)
Die WHO Europe sucht Experten, die als Mitglieder einer Fachberatungsgruppe Alkoholkennzeichnung fungieren sollen. Sie sollen sich vor allem mit der Kennzeichnung von Gesundheitswarnungen befassen. Die Aufforderung zur Einreichung von Bewerbungen für Experten wurde am 4. Oktober veröffentlicht und endet am 15. Oktober.
Die WHO Europe will bis zu 25 unabhängige Sachverständige mit folgendem Hintergrund auswählen: Forscher, Experten für öffentliche Gesundheit, Angehörige der Gesundheitsberufe, Innovatoren, Künstler, Designer, Juristen, Journalisten, Psychologen, Verhaltenswissenschaftler und politische Entscheidungsträger, die ein breites Spektrum an für die Alkoholkennzeichnung relevanten Fachkenntnissen vertreten.
Externe und unabhängige Sachverständige?
Die extrem kurze Frist könnte den Eindruck erwecken, dass Experten, die mit den Positionen der WHO übereinstimmen, bereits "ermittelt" wurden. Das in der Aufforderung zur Einreichung von Bewerbungen beschriebene Auswahlverfahren scheint nicht transparent zu sein, da keine Rückmeldung über das Auswahlergebnis gegeben wird.
Dieser Ausschuss "externer und unabhängiger Sachverständiger" wird die Europäische Kommission sicherlich bei den Kennzeichnungsempfehlungen und dem Umfang und Inhalt der Gesundheitswarnungen beraten, die im Rahmen des Europäischen Plans zur Krebsbekämpfung entwickelt werden sollen.
Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein Experte aus der Wirtschaft ausgewählt wird. Vielmehr ist zu erwarten, dass die üblichen Experten der Abstinenzbewegung zum Zuge kommen.
WHO-Regionalkomitee für Europa billigt Entwurf für den Europäischen Aktionsrahmen für Alkohol (2022 - 2025)
(Stand September 2022)
Das WHO-Regionalbüro für Europa hatte in den letzten Monaten an der Entwicklung des "Europäischen Aktionsplans zur Verringerung des schädlichen Alkoholkonsums 2022-2025" gearbeitet. Ein erster Entwurf wurde im März per Online-Umfrage zur Stellungnahme veröffentlicht. Der Dachverband der Europäischen Weinbranche (CEEV) hatte dazu Ende März Stellung genommen. Das WHO-Regionalbüro hatte nach Sichtung der Stellungnahmen Mitte August ein Arbeitsdokument veröffentlicht, das dem 72. Regionalkomitee für Europa, das vom 12. bis 14. September 2022 in Tel-Aviv tagte, vorgelegt. Das Komitee hat am 14. September 2022 den Europäischen Aktionsrahmen für Alkohol (2022 - 2025) gebilligt. CEEV wurde zwar darüber informiert, dass die EU-Delegation einen "koordinierten Ansatz" für das Arbeitsdokument "Europäischer Aktionsrahmen für Alkohol 2022 - 2025" erreicht haben, der sich auf den schädlichen Gebrauch von Alkohol und nicht auf den Konsum an sich konzentriert. Es ist jedoch fraglich, ob dies tatsächlich erreicht wurde.
Vertreter der Weinbaustaaten schweigen
Denn die Delegationen, die sich zu Wort meldeten, hatten sich nur auf die Reduzierung des Alkoholkonsums konzentriert, und damit eine Fokussierung der Maßnahmen auf den schädlichen Gebrauch von Alkohol abgelehnt. Dieser neue radikale Ansatz (Verringerung des Konsums statt Verringerung des schädlichen Konsums) wurde von den Mitgliedstaaten mit den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen begründet, die unter anderem von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) während des Regionalausschusses vorgelegt wurden
Italien, Frankreich, Spanien, Portugal und Deutschland, die wichtige Weinerzeuger vertreten, ergriffen nicht das Wort. Auch der tschechische Vertreter im Namen der Europäischen Union äußerte sich in der Sitzung nicht. Es scheint jedoch, dass die EU-Vertreter (im Hintergrund?) erfolglos versuchten, den Fokus wieder auf den schädlichen Alkoholkonsum zu lenken. Tonangebend waren die Mitgliedstaaten, die auf die Ähnlichkeit zwischen Alkohol und Tabak und die Notwendigkeit verwiesen, ein rechtsverbindliches Instrument zur Alkoholkontrolle zu schaffen.
Die Erklärung des WHO-Regionalbüros für Europa nach der Tagung enthält den folgenden Hinweis: "Wir verfügen über Aktionspläne zur Reduzierung des Alkoholkonsums und zur Bekämpfung einer Reihe von nichtübertragbaren Krankheiten, die Millionen von Menschen das Leben kosten.“
Jugendorganisationen verknüpfen Umwelt- und Alkoholpolitik
Das WHO-Regionalbüro für Europa erteilte auch Vertretern „der Jugend“ Gelegenheit, Stellung zu beziehen, um sie „in die Alkoholpolitik einzubeziehen" (https://www.who.int/europe/news/item/14-09-2022-involving-youth-in-alcohol-policies-imagining-and-planning-for-a-better-world). Der Delegierte der "Jugend" erklärte unter anderem: "Wie viel Abfall wird in der Welt durch die Herstellung von Alkohol erzeugt? Wie viel Wasser wird für seine Herstellung verbraucht? Wie viel nicht-nachhaltige Energie wird verbraucht? Wir geben unsere begrenzten Ressourcen aus, um etwas zu produzieren, das unserer Gesundheit schadet".
Alkoholindustrie soll mundtot gemacht werden
Einige Mitgliedstaaten erwähnten die negative Einflussnahme der Alkoholindustrie. Der Eurocare-Generalsekretär richtete die folgenden zwei Botschaften an die WHO-Mitgliedstaaten: Die zur Reduzierung des Alkoholkonsums durchzuführenden Maßnahmen sind bekannt und sollten umgesetzt werden; die Alkoholindustrie ist das größte Hindernis für den Fortschritt. Die WHO sollte ihr nicht vertrauen und mit ihr zusammenarbeiten. Die Industrie ist nicht Teil der Lösung, sondern das Problem.“ Die WHO-Generaldirektorin für Europa nahm die Forderung Belgiens auf, das WHO-Sekretariat möge Leitlinien für die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten mit der Industrie entwickeln.
CEEV weist erneut darauf hin, dass der Europäische Aktionsrahmen Alkohol 2022 - 2025 vom Mandat der Globalen Alkoholstrategie abweicht, indem er sich unter anderem nur auf den Alkoholkonsum (ohne Bezugnahme auf den schädlichen Alkoholkonsum) konzentriert. Der Dachverband unterstreicht, dass der europäische Aktionsrahmen für Alkohol kein rechtsverbindliches Dokument ist. Das kürzlich eingeführte vereinfachende Konzept "Kein sicheres Maß für den Alkoholkonsum" wird zwar auf wissenschaftlicher Ebene immer noch in Frage gestellt, findet aber zunehmend Eingang in politische Dokumente. Es ist unklar, ob die von den Vertretern der Mitgliedstaaten vorgetragene Position nur die Ansicht der Gesundheitsministerien der Mitgliedstaaten darstellt oder ob sie auch mit anderen Ministerien (z.B. mit den Landwirtschafts- und Wirtschaftsministerien) der jeweiligen Regierungen der Mitgliedstaaten abgestimmt wurde. Diese Frage stellt sich auch für Deutschland.