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politische ASPEKTE

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EU-PARLAMENT & EU-KOMMISSION

Gesundheitswarnhinweise auf alkoholischen Getränken - Sachstand bei irischen Gestzesvorhaben

(Update 25. Mai 2023) 

Irland als erstes Land weltweit mit Gesundheitskennzeichnung für alkoholische Getränke 

Erst kürzlich hatten wir über die Vorgänge in Irland berichtet.

Der irische Gesundheitsminister hat trotz aller Widerstände einiger europäischer Staaten und Verbände am Montag, den 22. Mai 2023, in einer Pressemitteilung bekannt gegeben, dass der Entwurf der Verordnungen zur Alkoholkennzeichnung 2023 unterzeichnet wurde. Die Bestimmungen werden nach einer dreijährigen Vorlaufzeit im Mai 2026 in Kraft treten.

Damit kommen Leberzirrhose und Krebs auf das Etikett!

Das Gesetz sieht vor, dass auf den Etiketten der in Irland verkauften alkoholischen Erzeugnisse Folgendes anzugeben ist:

- der Kaloriengehalt des Behältnisses (wie ab Dezember 2023 auch in den restlichen EU-Staaten)
- der Alkoholgehalt in Gramm
- die folgenden Gesundheitswarnungen:

               ◦ Piktogramm über das Risiko des Alkoholkonsums in der Schwangerschaft
               ◦ Alkoholkonsum verursacht Lebererkrankungen
               ◦ Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen Alkohol und tödlichen Krebserkrankungen.


Zudem verweisen die Etiketten die Verbraucher auf die Website www.askaboutalcohol.ie, wo sie weitere Informationen finden können.

Mitteilung der irischen Behörden:
In ihrer Mitteilung begrüßten die irischen Behörden, das erste Land der Welt zu sein, das eine derartig umfassende Gesundheitskennzeichnung für alkoholische Produkte einführt. Sie forderten andere Länder auf, ähnliche Initiativen zu ergreifen und wiesen darauf hin, dass es medizinisch eindeutig erwiesen ist, dass auch bei geringerem Alkoholkonsum ein Krebsrisiko besteht.

Kommentar DWA: Dieser letzte Satz entspricht nicht der neusten wissenschaftlichen Sachlage. Krebs ist ein multikausales Geschehen. Steter übermäßiger Alkoholkonsum erhöht das Risiko für Krebserkrankungen eindeutig. Für mäßigen Konsum – vor allem Wein – dagegen ist es medizinisch keinesfalls eindeutig bewiesen, dass er das Krebsrisiko erhöht. Im Gegenteil: Wenn der moderate Weinkonsum eingebettet ist in eine gesunde Ernährung und Lebensweise ist das Krebsrisiko sogar reduziert.

Siehe auch Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats zum Thema Krebs.

(Stand 22. Mai 2023)
Über den irischen Regelungsentwurf zu Warnhinweisen auf alkoholischen Getränken wurde bereits mehrfach berichtet (s.u.). Der Entwurf sieht vor, dass alle in Irland verkauften Getränke u. a. die zwei Gesundheitswarnungen „Drinking alcohol causes liver disease“ und „There is a direct link between alcohol and fatal cancers“ tragen müssen. Irland notifizierte den Regelungsentwurf am 6. Februar auf der Ebene der Welthandelsorganisation (WTO). Die USA, das Vereinigte Königreich, Australien und andere Staaten haben im Rahmen des WTO-Verfahrens ihre Bedenken gegen den irischen Regelungsentwurf geäußert. Weitere Beratungen sind für die zweite Junihälfte vorgesehen. Kritik kommt auch von einigen EU-Mitgliedstaaten.

Der europäische weinwirtschaftliche Dachverband CEEV hat inzwischen (15. Mai 2023) bei der Europäischen Kommission eine formelle Beschwerde gegen die irischen Etikettierungsvorschriften für alkoholische Getränke eingereicht. Er fordert die EU-Kommission auf, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Irland einzuleiten. Der Verband begründet dies wie folgt: "Die Bestimmungen der irischen Etikettierungsvorschriften sind mit dem EU-Recht unvereinbar und stellen ein ungerechtfertigtes und unverhältnismäßiges Handelshemmnis nach EU-Recht dar. Sie werden den EU-Binnenmarkt fragmentieren, indem sie sein ordnungsgemäßes Funktionieren beeinträchtigen und de facto den Zugang von Produkten aus anderen Mitgliedstaaten nach Irland behindern und somit zu einer klaren Diskriminierung von Importprodukten führen". Um Missverständnissen vorzubeugen, fügt CEEV ergänzend hinzu: „Wir unterstützen den Kampf gegen den Alkoholmissbrauch, sind aber der festen Überzeugung, dass dieses Ziel durch wirksamere und weniger handelsbeschränkende Maßnahmen erreicht werden kann.“

Präzedenzfall Irland: Warnhinweise zu Lebererkrankungen und Krebs auf`s Etikett

(Stand September 2022)
Ende Juni hat das irische Gesundheitsministerium die EU-Kommission im Rahmen des TRIS-Verfahrens über ein Gesetzesvorhaben zu weitgehenden Warnhinweisen auf alkoholischen Getränken informiert. Insbesondere sieht der Entwurf vor, dass alle in Irland verkauften, alkoholischen Getränke zwei gewichtige Gesundheitswarnungen tragen müssen. Die von irischer Seite vorgeschlagenen Formulierungen für die beiden Warnhinweise lauten: Drinking alcohol causes liver disease” „There is a direct link between alcohol and fatal cancers”– also einen direkten kausalen Bezug zu Leberzirrhose und Krebs. Die gesundheitsbezogenen Warnhinweise, Gesundheitssymbole und -informationen sollen in fest vorgegebenen Darstellungen (siehe Abb., Quelle DWV) angegeben werden.

Keine Differenzierung von Ge- und Missbrauch
Von Seiten der europäischen Weinbranche wird der Entwurf sehr kritisch bewertet. Die Anforderungen, die der irische Verordnungsentwurf an importierte Produkte stellt, zwingen Hersteller und Importeure dazu, die betreffenden Produkte an die in Irland geltenden Vorschriften anzupassen. An dieser Stelle sollen die Bedenken der Branche, dass es sich um eine Maßnahme handelt, die ein Handelshemmnis für den Binnenmarkt darstellt, nicht weiter ausgeführt werden, sondern nur auf die gesundheitliche Dimension eingegangen werden.

Der Hinweis auf das Krebsrisiko entspricht der im ursprünglichen Cancer Beating Plan der Europäischen Kommission benutzten Argumentation, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Krebserkrankung gibt. Diese Behauptung ist aber nicht evidenzbasiert. Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen zwar, dass ein übermäßiger Konsum alkoholischer Getränke mit einem erhöhten Krebsrisiko verbunden ist, sie zeigen aber auch, dass ein maßvoller Weinkonsum zu einer Mahlzeit im Rahmen einer gesunden Lebens- und Ernährungsweise, insbesondere der mediterranen Ernährung, das Krebsrisiko nicht zu erhöhen scheint. Es gibt keine wissenschaftlichen Daten, die ein erhöhtes Krebsrisiko belegen, wenn Wein in Maßen, zu den Mahlzeiten, als Teil der mediterranen Ernährung und als Teil einer gesunden Lebensweise konsumiert wird.

Seitens der EU ist in absehbarer Zeit mit einer brancheneinheitlichen Regelung im Bereich der Etikettierung von Gesundheitswarnungen hinsichtlich schädlichen Alkoholkonsums zu rechnen. Wir werden die Entwicklung weiter verfolgen.

9. Europäische Konferenz der Alkoholgegner in Oslo, 17. Juni 2022

(Stand Juni 2022)
Am 16./17. Juni trafen sich auf Einladung von EUROCARE (European Alcohol Policy Alliance) und Actis (Norwegian Policy Network on Alcohol and Drugs) eine Vielzahl von Antialkoholorganisationen, um eine Stellungnahme zur aktuellen WHO- und EU-Alkoholpolitik zu beraten. Sie verabschiedeten folgende Resolution.

  1. Die nationalen Regierungen und die EU sollten den Alkoholkonsum auf der Grundlage des evidenzbasierten Globalen Alkohol-Aktionsplans der WHO regulieren, um dessen ehrgeizige Ziele bis 2030 zu erreichen
  2. Die nationalen Regierungen sollten zusammenarbeiten, um die evidenzbasierten WHO-Empfehlungen Best Buys[1] und SAFER[2] umzusetzen, die sich auf den Preis, die Verfügbarkeit und die Vermarktung von Alkohol konzentrieren.
  3. Die Regulierung auf EU-Ebene sollte die öffentliche Unterstützung für eine obligatorische Kennzeichnung von Inhaltsstoffen, Nährwertangaben und Warnhinweisen auf Alkoholprodukten widerspiegeln, um den Verbrauchern die Möglichkeit zu geben, fundierte Entscheidungen zu treffen.
  4. Die nationalen Regierungen und die EU sollten dafür sorgen, dass die gesundheitspolitischen Entscheidungsprozesse vor der Einmischung der Alkoholindustrie geschützt werden.
  5. Die nationalen Regierungen sollten Alkoholprodukte entsprechend ihrem Alkoholgehalt besteuern. Diese Steuern sollten an einen Index gekoppelt sein und regelmäßig in Abhängigkeit von wirtschaftlichen und gesundheitlichen Indikatoren erhöht werden.
  6. Die nationalen Regierungen sollten die Vermarktung von Alkoholprodukten einschränken oder verbieten, insbesondere bei jungen Menschen, Kindern und anderen gefährdeten Gruppen.
  7. Die Regierungen sollten die zentrale Rolle der Organisationen der Zivilgesellschaft bei der Prävention und Verringerung von Alkoholschäden anerkennen und unterstützen.

Wine in Moderation wird immer wichtiger
Kommentar: Die deutsche und europäische Weinbranche lehnt diese dirigistischen Maßnahmen ab, da sie keine Differenzierung zwischen moderatem und gesundheitsschädlichem Konsum vorsehen. Selbst der alkoholkritische Drogenbeauftragte der Bundesregierung Burkhard Blienert musste vor kurzem einräumen, dass die bisherige (nicht dirigistische) Präventionspolitik Erfolge zeitigt. Die Weinbranche setzt sich weiterhin mit ihrem WINEinMODERATION-Programm für Vorsorgemaßnahmen ein, um Missbrauch zu bekämpfen und gesundheitsbewussten und verantwortungsvollen Konsum zu propagieren.  

[1] Die WHO hat eine Reihe evidenzbasierter alkoholpolitischer "Best Buy"-Interventionen ermittelt, die nicht nur äußerst kosteneffizient, sondern auch im Rahmen der nationalen Budgets durchführbar und angemessen sein sollen. Die WHO hat ein Kostenberechnungsinstrument entwickelt, das es den Ländern ermöglichen soll, je nach den nationalen Bedürfnissen oder Prioritäten Maßnahmen hinzuzufügen oder zu ersetzen. Die WHO empfiehlt die so genannten drei alkoholpolitischen Best-Buy-Maßnahmen: Erhöhung der Verbrauchssteuern auf alkoholische Getränke, Beschränkung des Zugangs zu alkoholischen Getränken im Einzelhandel und umfassende Verbote von Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring.

[2] SAFER ist ein Akronym, das von der WHO für ihre Antialkohol-Kampagne genutzt wird:

Strengthen restrictions on alcohol availability
Advance and enforce drink driving counter measures
Facilitate access to screening, brief interventions and treatment
Enforce bans or comprehensive restrictions on alcohol advertising, sponsorship, and promotion
Raise prices on alcohol through excise taxes and pricing policies

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