Moderiert von der amtierenden Ahrweinkönigin Annabell Stodden hatte die AHRWEIN eV im Rahmen des Frühburgunder Forums zu einer interessanten Diskussion eingeladen. Das Thema „Alkoholpolitik vs. Kulturgut: Wie kann Wein in einer regulierten Zukunft bestehen?“ betrifft nicht nur den Weinbau, sondern auch die Gesellschaft, die Politik und die Gesundheit.
Wein zwischen Kultur und Alkoholpolitik
Frau Stodden machte eingangs deutlich, dass wir an einem Wendepunkt stehen, an dem es darum geht, die Bedeutung des Weins als Kulturgut und als Treibstoff des Tourismus im Ahrtal zu bewahren, aber auch gleichzeitig zu betonen, dass der Konsum verantwortungsvoll und gesundheitsbewusst gestaltet werden muss.
Dazu begrüßte sie Christine Schneider, Mitglied des Europäischen Parlaments, Dr. Claudia Hammer, Leiterin der Deutschen Weinakademie und Dr. Gerhard Kreuter, Chefarzt a.D. des Maria-Hilf-Krankenhauses Bad Neuenahr. Sie alle beschäftigen sich aus unterschiedlicher Perspektive bereits jahrelang mit dieser Thematik.
Engagiert berichtete Frau Schneider darüber, wie politische Maßnahmen und europäische Gesetzgebungen den Weinbau und die Weinkultur beeinflussen– und mutmaßte, wie eine Balance zwischen Regulierung und Kulturerhalt aussehen könnte. Sie machte deutlich, dass natürlich Wein als alkoholisches Getränk mit Genuss und Sensibilität getrunken werden muss, aber erteilt den Aussagen der DGE, nach denen jeder Tropfen gesundheitsschädlich ist eine eindeutige Absage. Und zwar deshalb, weil es dafür keine wissenschaftliche Evidenz gibt. Sie plädiert für mehr Aufklärung, betont die nötige Differenzierung bei der Kommunikation und macht sich für Unterstützung (auch finanzielle) der Bildungspolitik stark.

Quelle: Deutsche Weinakademie
Dr. Hammer betonte, dass der Wein natürlich ein alkoholisches Getränk ist, für dessen Konsum bestimmte verantwortungsvolle Regeln gelten, aber auch ein Genussmittel mit kulturellem und gesundheitlichem Wert ist. Dies sind für sie keine Gegensätze, sondern es gehört beides zusammen: Weinkultur ist ohne Genusswert und moderate Dosierung nicht denkbar. Eine Trinkkultur, die auch in dem Programm Wine in Moderation angesprochen wird. Wine in Moderation ist ein umfassendes Informations- und Präventionsprogramm der europäischen Weinwirtschaft und wird in Deutschland von der DWA umgesetzt. Es fokussiert sich zum einen auf der Sensibilisierung der gesamten Weinbranche, indem unermüdlich für die Mitgliedschaft bei Wine in Moderation geworben wird. Einzige Bedingung, dass die Branche – v.a. Erzeuger und Händler – hinter dem verantwortungsvollen Konsum und eben solcher Werbung stehen.
Zum anderen betreut man in der DWA seit Jahren Berufsschulen mit weinaffinen Ausbildungsgängen, indem je ein Projekttag für Wine in Moderation reserviert ist. Damit zielt man auf die Erhöhung der beruflichen und persönlichen Kompetenz der jungen Branche. Neben diesem Programm, das in erster Linie die Branche selbst anspricht, erwähnt Frau Hammer noch die Kampagne VITAEVINO, die auf alle Genießer zielt. Diese sollten sich stark machen für Erhaltung des Genuss- und Kulturwerts von Wein und diese Unterstützung mit ihrer persönlichen Registrierung auf der Website der Kampagne zeigen.
Als Internist mit Schwerpunkt Diabetologie und Geriatrie gewährte der ehemalige Chefarzt Dr. Gerhard Kreuter mit Blick auf seine vielen Forschungen rund um das Thema Wein und Gesundheit“ fachkundige Einblicke in die Bedeutung von verantwortungsvollem und moderatem Weingenuss Dabei erläuterte er die wichtige Dosisfrage (ein bis zwei Gläser Wein pro Tag ) und antwortete auf Fragen aus dem Publikum, ob diese Dosierung auch für Diabetiker gelte. Erwähnenswert gerade bei Diabetes Typ 2 sei, dass diese Patientengruppe mehrfach profitiere. Zum Einen senke das Glas Wein pro Tag das bei Diabetikern stark erhöhte kardiovaskuläre Risiko, zum anderen werde dadurch die Insulinresistenz gemindert, ein wichtiger Parameter bei der Entstehung der Erkrankung.
Man kam auch auf die mittlerweile „berühmte“ Sendung „Hirschhausen und die Macht des Alkohols“ vom Januar dieses Jahres zu sprechen. Der ubiquitäre Mediendoktor hatte gebetsmühlenartig alle Einlassungen der WHO und DGE unkritisch und undifferenziert übernommen und etliche Genießer verunsichert. Danach schade jeder Tropfen, mache krank und lässt uns früher sterben. Das schreit nach Gegenwehr, weil jegliche Belege dafür fehlten. Dafür machten sich alle Beteiligten stark und betonten, dass diesem nur mit differenzierter und evidenzbasierter Information zu begegnen sei. Seriöse Berichterstattung sieht in der Tat anders aus, weshalb sich zahlreiche renommierte Wissenschaftler auch dagegen wehrten und es immer noch tun.
Alles in allem eine gute Veranstaltung, die sich einmal kritisch mit Wein als Kulturgut, aber auch als alkoholisches Getränk mit Risiken bei unsachgemäßem Konsum auseinandersetzte. Mehr davon wäre jenseits von Aromen und Produktoptimierungen jeglicher Art angebracht. Denn das ist das, was die Weinbranche letztlich existentiell bedroht.